DAS SCHAUVORBEREITEN
Ein zwangslaufiges Dasein hinter
Gittern, wenn auch nur zeitweise, beim Ausstellen ist f¬r das Schautier nur
ertraglich, sofern es dazu gen¬gend Routine mitbringt. Soweit das Auge reicht:
Gitterstabe. Hinzukommen das geschaftige Treiben des Publikums insbesondere zu
den offiziellen -ffnungszeiten und zuvor die Bewertung, ganz zu schweigen von
den Turbulenzen der Einlieferung. Schlieblich ist auch der R¬cktransport noch zu
¬berstehen. Ein Ausstellungskafig mub also trotz alledem f¬r das Tier ein Platz
gr¦btm¦glicher Geborgenheit sein, gewissermaben ein Refugium darstellen, alles
Ungewohnte halbwegs in Gewohnheit umsetzen zu k¦nnen. Dazu mub das
Ausstellungstier den Kafig rechtzeitig und ausf¬hrlich als solchen kennen-
lernen.
Die Dressur, das Schauvorbereiten, beginnt - so paradox es f¬r den
einen oder anderen Z¬chter auch klingen mag - nicht erst kurz vor dem
beabsichtigten Ausstellen, sondern schon mit der Hege und Pflege der
Elterntiere. Unsere Absicht ist es doch, unsere Tiere immer mehr zu verbessern
und mit den Erfolgen zugleich dem Standard naherzubringen. Also stehen wir
standig in den Vorbereitungen f¬r die von uns anvisierten Schauen. Mit der
Geburt der Taubenk¬ken erhalten wir also Pfleglinge, denen wir alle unsere
Aufmerksamkeit schenken. Wahrend der ersten Tage erfreuen wir uns an ihrem
Dasein; mit dem Ringaufziehen aber sind sie bei einzelnen Rassen schon zu diesem
Zeitpunkt und bei allen anderen schon wenige Tage spater qualitatsmabig
unterscheidbar. Nicht alle Z¬chter entscheiden sich in diesem Augenblick f¬r das
Ausmerzen, sondern lassen die Taubchen in ihrer Weiterentwicklung gewahren.
Nun beginnt bereits eine Phase der Schauvorbereitung: Die jungen Tiere
werden taglich von uns in die Hand genommen und erwartungsvoll betrachtet. Auf
diese Weise gewinnt das Tierchen zu uns Vertrauen, zu den Menschen ¬berhaupt mit
allen Begleiterscheinungen. In den Jungtierstall gesetzt, benehmen sich die
soeben ent- w¦hnten Jungtauben noch recht scheu. Bedingt durch individuelles
Verhalten, das sie entfalten k¦nnen, weil sie nun unter gleichaltrigen
Artgenossen aufwachsen, mindert sich die anfangliche "ngstlichkeit. Wenn wir die
Jungtauben "aus der Hand f¬ttern" und auf sie einreden, gelingt es, den Argwohn
zu verdrangen. Hin und wieder setzen wir solche Tauben, die durch ihr
annehmbares Aussehen besonders ins Auge fallen, in den Dressurkafig. Wenn
samtliche Jungtiere regelmabig unsere Kontrollen pas- sierten, erhalten wir
einen ausgezeichneten ?berblick und k¦nnen bereits mit dem Aussondern beginnen.
Das Einsetzen in den heimischen Dressurkafig wird alsbald zur Routine, wodurch
spatere Ausstellungstauben auch weit zutraulicher sein wer- den. Die "Ladies"
sogar liebensw¬rdig, wahrend die befiederten "Lords" ohne jedes
Anzeichen
von "ngstlichkeit ihr ansprechendes Imponiergehabe zeigen werden.
Nun
unterliegen nat¬rlich auch solche gut vorbereiteten Tauben den jeweiligen
Situationen und der speziellen Umgebung, die in ungewohnter Fremde angetroffen
werden. Bei einreihigem Aufbau der Kafige sind die tragenden Untergestelle
zumeist h¦her oder niedriger, und steht bei zweireihigem Aufbau noch eine
Kafigreihe dar¬ber, ist es keineswegs gleich, ob ein Ausstellungstier unten mit
einer Decke ¬ber dem Kopfe oder oben und ohne jegliche ?berdachung steht. Der
obere Kafigboden "dr¬ckt" haufig auf das Gem¬t der Tiere und f¬hrt somit zu
kauerndem, unnat¬rlich niedrigem Stand. Streckt sich das Tier aus, um Ausschau
zu halten, so zeigt sich bei behaubten Tauben der sonst elegante Kopfschmuck
auffallig "angeklatscht". In beiden Fallen wird der Preisrichter in seiner
Bewertungskritik entsprechend darauf hinweisen. Schon allein aus diesen Grunden
bedurfen Rassetauben geradezu einer gewissen Dressur. Diese in optimalem Mabe zu
erreichen, bedienen sich die Zuchter oft als Geheimrezepte gehandeiter, eigener
Dressurmethoden.
Angepabt an GroUe des Tieres und raumliche Umgebung,
verkleiden sie die Kafige auUen in der erforderlichen Hohe mit Pappe, andere
wiederum bestreichen Glasscheiben mit einer deckenden Farbe. Das verleitet die
Kafiginsassen dazu, sich hochzurecken, um besser sehen zu konnen. Somit gewohnen
sie sich allmahlich und mit Unterstutzung des Preisrichterstabes des Zuchters an
die gewunschte Korperhaltung und erblicken die Umgebung aus der angestrebten
Perspektive. Um die Ausstellungstiere nun an "OberU" oder "Unterdeck" zu
gewohnen, behelfen wir uns im Wechsel mit dem Auflegen von Flachen und
Wiederabnehmen derselben. Die Tiere erhalten auf diese Weise rechtzeitig ihre
Sicherheit, egal wie sich ihre Umgebung gestaltet, und werden somit stets
Vorteile gegenuber mehr oder minder undressierten Schaukonkurrenten haben.
Die Tauben an den Preisrichterstab zu gewohnen, bringt keinerlei Umstande
mit sich, wie jeder erfahrende Aussteller weib. Legen wir den metallenen
"Dirigentenstab" ein paar Stunden quer durch den AusstellungsU, sprich
Dressurkafig, wird er bald akzeptiert und nie mehr Bedrohlichkeit ausstrahlen.
Der eine oder andere Zuchter hat speziell fur seine Rasse eigene Methoden parat,
ihr Vertrautheit beizubringen, und dies mit Erfolg, sonst konnte er die
Konkurrenz nicht dieses oder jenes Mal ubertrumpfen. Viele Zuchter verwenden
wahrend der Dressurarbeiten ein Kofferradio, damit sich die Tiere auch an den
Klang aus Lautsprechern gewohnen, auch tragen sie gelegentlich einen weiben
Arbeitskittel, die Kleidung der Preisrichter, damit die Tiere spater durch deren
auffallige Farbe nicht verangstigt werden.
Das eigentliche Schaufertigmachen
des Rassegeflugels uberhaupt verlangt vom Aussteller grobes Geschick und
Fertigkeiten. Von der Zubehorindustrie werden sogenannte "Kosmetikstander" zum
anatomiegerechten Festhalten auch fur Tauben angeboten. Die meisten Zuchter
helfen sich aber zum Wehrlosmachen bzw. Stillhalten des Tieres mit einem groben
Tuch, mit dem sie die Taube umwickeln, oder einem Damenstrumpf, in den sie das
"herzurichtende" Tier hineinstecken. Je nach kosmetischen Vorhaben bleiben Kopf,
FuUe oder Flugel und dergleichen zum "Putzen" frei erreichbar.
Gewaschen zu
werden, haben eigentlich und nur in wenigen Fallen lediglich weib gezeichnete
Rassen notig. Mit korperwarmem Wasser, Schwamm und dem geringen Zusatz eines
Shampoos oder Feinwaschmittels wird das Gefieder eingeweicht, dann
(ausschlieUlich!) in Federwuchsrichtung abgewaschen, mehrmals mit klarem Wasser
abgespult und mit einem feuchtigkeitsaufsaugenden Tuch abgetrocknet. Ein Fon
wurde ebenso gute Dienste erweisen, aber wiederum nur in Federwuchsrichtung
angewandt!
In einem sauberen Korb oder Karton stellen wir das Tier
anschlieUend in die Nahe der Fleizung. Zur Neubildung des Federstaubes mussen
sich die Tauben nicht zu kurz vor dem Schautermin dieser Prozedur unterziehen.
Bei belatschten Rassen ist Vorsicht geboten, damit die FuUbefiederung in ihrer
Ganzheit erhalten bleibt. Laufe, FuUe und Bundesring reinigen wir mit verdunntem
Alkohol. Fett, 01 oder eine Creme konnten am Gefieder kaum leicht entfernbare
Spuren hinterlassen, die besonders bei dunklen Farbschlagen evtl. als Versuch
einer unerlaubten Handlung gerugt werden konnten und auch bisweilen zum
Ausschlub fuhren. Zum Herrichten der Tauben gehort selbstverstandlich auch das
Entfernen des Farbringes, dessen Belassen am Lauf dem Tier zwangslaufig das von
der Bewertung ausschlieUende Attribut "gekennzeichnet" eintragen wurde.
Vom Schnabel entfernen wir mittels einer Nagelfeile das sogenannte "tote
Horn", den uberwachsenen Oberschnabel. Inwieweit weitere Mabnahmen zum
Schaufertigmachen zwar erforderlich waren, jedoch statthaft sind, regeln im
ubrigen die AAB (Allgemeine Ausstellungsbestimmungen) des BDRG, mit denen sich
jeder Aussteller vertraut machen mub.
Fur den sicheren Transport der Tauben
sind in jedem Fall stabile, unterteilte Behalter aus Korbgeflecht, Holz oder
Leichtmetall zu fordern. Diese von Rassetaubenzuchtern schlicht "Korb" (Abb. 5)
genannten Behaltnisse sollen luftU, jedoch nicht winddurchUlassig sein und
einigermaben einem Regenschauer standhalten. Auch diesbezuglich bietet die
Zubehorindustrie fertige Waren in ausreichenden bis sehr stabilen Ausfuhrungen
an. Die einzelnen Abteile erhalten vor dem Versand eine kotbindende Einstreu,
damit sich die Tiere nach vorangegangenen Pflegeleistungen nun nicht wieder
verschmutzen konnen und unansehnlich werden. Einige Futterkorner wird der
Zuchter seinen Tauben nur aus Gewohnheitsgrunden mit auf die Reise geben, damit
die Debutanten eine gewisse Geborgenheit empfinden. Ein Versand der Tiere auf
dem ^^"wege ist keineswegs ein risikofreies Unternehmen, weshalb es viele
Zuchter ^"ziehen, die Ausstellungstauben selbst einzuliefern, um immerhin noch
letzte Hand zum Korrigieren von Federn anlegen zu konnen und sich vom
ordnungsgemaben Einsetzen zu uberzeugen. Auch weib allein der Zuchter, welches
Tier er bei zweireihigem Aufbau oben oder geeigneterweise unten plazieren
sollte.