DIE EINTEILUNG DER TAUBENRASSEN

Das in der Wissenschaft geltende zoologische System ordnet die Tiere nach Stammen (z. B. Wirbeltiere), Klassen (z. B. Vogel), Ordnungen (z. B. Tauben), Familien (z. B. Columbidae), Gattungen (z. B. columba) und Arten (z.B. Felsentauben). Wo die zoologische Gruppierung der Tiere mit der untersten Stufe, den Arten, endet. beginnt die Einteilung der Haustiere in Rassen.
Unsere Haustaubenrassen sind nicht in der freien Natur entstanden, sondern nach dem Geschmack und der Vorstellung von Tierhaltern in aller Welt erzuchtet worden. Daraus resultieren Verwandtschaften zwischen ganzlich verschieden aussehenden Tauben, und es ist bei der Vielzahl der Rassen oft ein praktisch aussichtsloses Unterfangen, ihren Ursprungen nachzuspuren.
Unsere heutige Einteilung der Taubenrassen in verschiedene Gruppen fuUt auf die Bemuhungen, eine Ordnung nach auUeren Merkmalen und besonderen Eigenschaften zu schaffen. In fast allen Landern der Erde werden Tauben heute nach diesem Prinzip geordnet. Die Stellung der einzelnen Gruppen untereinander ist hin und wieder verschieden. Manche Autoren beginnen mit den Riesentauben, andere haben die Farbentauben an den Anfang gestellt. Zoologisch ware es logisch, bei der Einteilung mit den Farbentauben zu beginnen. Geht man von der erwiesenen Stammform der Haustauben, der Felsentaube aus, so stehen die Feldtauben dieser am nachsten. Aus diesen sind dann wiederum die Farbentauben entstanden.
Die Tummlertauben stehen in allen Landern an letzter Stelle, endend mit den Ringschlagern, denen man neuerdings eine eigene, nun die letzte Gruppe eingeraumt hat. Verschieden ist oft auch die Zahl der Gruppen. In der Regel haben die Autoren immer nur die in ihrem Land haufigen Taubenrassen beschrieben und in Gruppen eingeteilt. So fehlen in manchen Landern einige Gruppen, wahrend es in anderen solche gibt, die wir fruher nicht kannten.
Fur die Staaten, die im "Europaischen Verband fur GeflugelU und Kaninchenzucht" zusammengeschlossen sind, wurde von diesem inzwischen eine Gruppeneinteilung der Taubenrassen erarbeitet, die zwar nicht in jedem Fall ideal ist, an die sich aber gehalten werden soll, um keine Verwirrung zu stiften.
Aus den bisherigen zwolf oder dreizehn Gruppen werden nun zehn, wobei die Wammentauben, Segler und Riesentauben aber als Untergruppen bestehen bleiben. Wir beginnen mit einer Untergruppe der Formentauben (wobei der Begriff "Formentauben" nicht gut gewahlt ist, denn fur die Bewertung auf Ausstellungen ist die Form bei manchen Tummlertauben genauso wichtig), den sogenannten Riesentauben. Eigentlich eine irrefuhrende Rassenbezeichnung, die ihre Berechtigung wohl nur in der Haufigkeit auslandischer, ubergrober Formentauben findet.
Die Gruppe der Formentauben enthalt: Riesentauben, klassische Formentauben. Wammentauben und Brieftauben. Die Brieftauben gehoren eigentlich zu den WaiUzentauben. Der Grund fur diese Einteilung des Verbandes liegt im Ausstellungswesen. Eine Austeilung soll in der Regel mit groben Kafigen (50x50 cm) beginnen, die fur Romer, Montauban, Saarlandtaube, Cauchois, Mondain, Carneau und Ungarische Riesentaube empfohlen werden. Farbentauben und Tummler kommen mit einer Kafiggrobe von 40x40 cm aus.
Zu den Riesentauben gehoren vor allem Romer, Montauban, Ungarische Riesentaube und andere sehr grobe Tauben^u den klassischen Formentauben zahlt man z. B. Strasser, Luchstauben, Coburger Lerchen, Mondain, Soultzer Hauben, Carneau, Cauchois usw. sowie weitere Rassen, die fruher oder auch heute noch reine Wirtschaftstauben sind und nicht auf Ausstellungen gezeigt werden.
Die Wammentauben schlieUen sich daran an. Die Segler, die so recht in keine Gruppe passen wollen, werden wegen ihrer Herkunft zu den Wammentauben gestellt. Es folgen die Warzentauben. Sie sind in eigentliche Warzentauben und bagdettenartiUge Warzentauben unterteilt worden. Dabei stehen die Brieftaubenarten am SchluU der Formentauben, an die sich die Gruppe der eigentlichen Warzentauben und Bagdetten anschliebt.
Es folgen die Huhntauben, anschlieUend die Kropftauben. Die Vielzahl der spanischen Kropftaubenrassen bildet dabei eine Untergruppe. Die Gruppe der Farbentauben ist fast unverandert geblieben, hinzugekommen sind nur die Bohmentauben.
Labore, fruher zu den Farbentauben gerechnet, stehen wegen ihrer Korpergrobe heute bei den Formentauben. Neue Forschungen haben ergeben, dab sie von den indischen Golatauben abstammen, die als reine Formentauben anzusehen sind. Als Untergruppe der Formentauben werden alle indischen, in ihrer Korperform verhaltnismabig groben Rassen beschrieben.
In die Gruppe der Trommeltauben sind lediglich zwei neue Rassen hinzugekommen: die Arabische Trommeltaube und die doppelkuppigen Syrischen Trommeltauben mit ihren Verwandten.
Auch die Gruppe der Strukturtauben ist unverandert geblieben. Den Movchen wird, wie in den letzten Jahren schon ublich, eine eigene Gruppe zugestanden. Wenn der "Europaischer Verband fur GeflugelU und Kaninchenzucht" das Chinesische Movchen als "Chinesentaube" an den SchluU der Strukturtauben stellt, so ist dies verwirrend , vor allem, da die Taube sowohl in den Niederlanden als auch in Frankreich ihren alten Namen behalten hat. Wo sie letztlich auch hingehort, die Reihenfolge bleibt jedenfalls die gleiche: entweder am SchluU der Strukturtauben oder am Anfang der sich anschlieUenden Movchengruppe. In ihrem Wesen, in der Figur, in der ganzen Erscheiung und der Abstammung nach gehort diese Taubenrasse zu den Movchen.
Die Tummlertaubengruppe hat den grobten Zugang an auslandischen Rassen zu verzeichnen. Die deutschen Tummlerrassen werden nach der Schnabellange in kurzU, mittelU und langschnablige Tummler unterschieden. Die fremdlandischen Rassen in diese Einteilung zu zwingen, ist jedoch kaum moglich. Die Osteuropaer bezeichnen manche Rasse als kurzschnablig, die nach unseren Begriffen einen mittellangen Schnabel hat. So werden, wenigstens in diesem Buch, zur besseren Ubersicht die Tummlertaubenrassen nach den Landern, aus denen sie stammen oder in denen sie zu ihrer heutigen Form erzuchtet worden sind, eingeteilt. Die Nackthalstummler, die Roller und Bodenpurzier werden also innerhalb der Tummler beschrieben. Die Gruppe der Ringschlager heiUt nun "Spielflugtauben" und ist unverandert geblieben. Ubersichtlich zusammengefaUt ergibt sich nun folgende Einteilung:

Gruppe l Formentauben
Gruppe II Warzentauben
Gruppe III Huhntauben
Gruppe IV Kropftauben
Gruppe V Farbentauben
Gruppe VI Trommeltauben
Gruppe VII Strukturtauben
Gruppe VIII Movchentauben
Gruppe IX Tummlertauben
Gruppe X Spielflugtauben

Bevor wir zur ersten Gruppe der Formentauben kommen, sollten wir uns kurz mit der Felsentaube befassen, von der die Haustauben abstammen, und auf ihre nachsten Verwandten, die Feldtauben, zu sprechen kommen.