17. INDISCHE TUMMLER
Wahrscheinlich ist Indien jenes Land,
in dem zuerst Tummlertauben bewuUt fur den Flusport gezuchtet wurden. DaU
trotzdem nur wenige indische Rassen im Original auberhalb ihrer Heimat
bekanntgeworden sind, ist somit schwer verstandlich.
Lyell beschreibt
die OSTINDISCHEN TUMMLER als gewohnliche Tauben, klein. glattkopfig und
glattfuUig. Sie werden jeden Morgen von den Zuchtern mit langen Stangen aus
Bambus und daran befestigten Lappen gejagt. Es handelt sich um reine Flugtauben.
Der Inder AlloUoodeen (Mawab M. Aladin) schrieb, in Anlehnung an Abul
Fazi. 1886: "KHIRNIUTAUBEN sind als gute Flugtauben bekannt, und die
NISAVRIUTAUBEN fliegen so hoch, dab man sie von unten nicht mehr sehen kann; sie
fliegen auch sehr lange."
Die BANDAGEETUMMLER sind den Mookee ahnlich,
dabei auch immer mit einer stark entwickelten Spitzkappe versehen; die Flugel
werden jedoch unter dem Schwanz getragen. Typisch ist ihre Farbung, denn sie
sind silberblau mit dunklem Hals und zwei dunkelroten Flugelbinden. Kopf und
Kehle sind meist ganz weib. Diese Rasse ist schon einmal nach Portugal
importiert worden, starb aber in Europa wieder aus.
MOOKEETAUBEN (Abb.
433) sind die einzige indische Tummlerrasse, die auch in Europa gezuchtet wird
und in unserem Standard aufgefuhrt ist. Diese Rasse ist in Europa sehr lange
bekannt; schon Willughby beschrieb sie 1676 in England. Auf unserem Kontinent
starb sie aber schon vor dem zweiten Weltkrieg wieder aus und gelangte erst um
1960 wieder nach England und 1970 nach Deutschland. Die eingefuhrten Tiere kamen
nicht direkt aus Indien, sondern aus Sudafrika. Inzwischen werden Mookeetauben
auf deutschen Schauen haufig gezeigt.
Sie sind mittelgrob, haben einen
breiten VorderU und schmal auslaufenden HinterU korper sowie sUformig gebogenen
Hals mit starker Mahne, der in Erregung zittert. wobei die Taube auf ihren
Zehenspitzen steht. Mookee sind lebhaft und dabei sehr zutraulich. Ihr Kopf ist
langgestreckt und schmal mit etwas gewolbter Stirn. Zum Schnabel hin verjungt
sich der Kopf, der stets von einer Spitzkappe geziert wird. Das Kopfprofil -
Stirn, Scheitel, Spitzkappe - verlauft in etwa sUformig. Die Spitzkappe geht
ohne Unterbrechung aus dem lockeren Hinterhalsgefieder hervor und lauft spit/
oder etwas abgerundet aus. Die Augen sind dunkel, der Augenrand schmal und blab
bis rotlich, der Schnabel uber mittellang und dunn. Der Oberschnabel ist
fleischfarbig, bei Schwarzen und Blauen dunkel, bei den anderen Spielarten mit
Ausnahme der weiben hornfarbig. weibe haben einen fleischfarbigen OberU und
Unterschnabel. Vorlaufig ist heller Unterschnabel bei mehr als beiderseits einer
weiben Schwungfeder kein grober Fehler. Der Hals wirkt durch das lockere
Hinterhalsgefieder dick sowie durch seine sUformige Biegung nach hinten auch nur
mittellang und zeigt in Erregung ein gutes Zittern. Die Kehle ist gut
ausgeschnitten. Die Brust wird hoch getragen, tritt stark hervor und ist
verhaltnismabig breit. Der Rucken bildet mit dem Schwanz eine stark abfallende
Linie. Die mittellangen Flugel stehen am Bug etwas vom Korper ab und ruhen auf
dem Schwanz. Die Laufe sind kurz und unbefiedert, die Schenkel kaum sichtbar.
Die Farbe der Krallen ist ohne Bedeutung. Das Gefieder soll gut anliegen, nur am
Hinterhals etwas locker sein. Gezuchtet werden Reinweibe und Gezeichnete, die
eine weibe Koptplatte aufweisen, deren Begrenzungslinie an
der
Unterkante der Augen verlauft. Die Innenseite der Kappe ist weib, die AuUenseite
farbig. Ferner sind die auUeren Handschwingen beiderseits weib. Erlaubt sind
dabei in jedem Flugel ein bis drei weibe Handschwingen. Als Ideal gelten an
jedem Flugel zwei weibe auUere Schwungfedern. Diese Zeichnung ist in Schwarz,
Braun, Rot, Gelb, Blau mit schwarzen Binden, Blaugehammert, Silber, lsabell.
Braunfahl, Rotfahl und Gelbfahl vertreten. In Indien kommen naturlich noch
weitere Varianten wie Schecken und Einfarbige mit perlfarbiger Iris vor. Die
Augen der Mookeetauben verfugen uber eine grobe Pupille, so dab die Iris nur
sehr schmal ist. Levi schreibt uber diese Rasse: "Die Tiere gehorten zu den
reizvollsten Tauben, die ich je gezuchtet habe. Sie erwiesen sich als
ungewohnlich zahm und zutraulich. Sie taten zwei Dinge, die ich nie bei anderen
Tauben gesehen habe: Sie pickten an jedermanns Hosenaufschlag und sie jagten
Mause!" Zu einem Problem ist neben den erwunschten ein bis drei weiben
Schwungfedern auch die Schnabelfarbe geworden. Wegen zu tief gehender weiber
Kopfzeichnung ist der dunkle Unterschnabel bei Schwarzen und Blauen nur schwer
erreichbar. Wenn auch in den letzten Jahren selbst unter diesen Voraussetzungen
schon hervorragende Tiere ausgestellt worden sind, so sollte man dennoch der
Farbe des Schnabels keine zu grobe Bedeutung beimessen.
AMERIKANISCHE
MOOKEETAUBEN sind in Ubersee entstanden, als es dort keine echten indischen
Tiere gab. Amerikanische Zuchter versuchten, durch verschiedene Kreuzungen
anderer Rassen Mookeetauben nachzubilden. Das Resultat dieser Bemuhungen hat die
gleiche Zeichnung wie sein Muster, ihm fehlten jedoch Schwanenhals und
Zitterhalsigkeit. Diese Abwandlung ist in den USA in allen Farben vorhanden und
oft ausgestellt worden.
Die GOOLEETUMMLER (Abb. 434 u. 435), auch
Gulitummler genannt, wurden als alte Rasse erstmals um 1854 durch Bungartz nach
Wien importiert. Spater kamen weitere Tiere durch den Schiffsarzt Dr. Binder
nach Europa. Heutigentags sind in Europa keine Exemplare mehr vorhanden, und
anscheinend gibt es auch in Amerika keine mehr. In Indien werden diese Tauben
jedoch noch gezuchtet. Diese kleinen Tummler sind schlank, elegant und
niedriggestellt. Ihr Kopf ist rundlich, der Schnabel knapp mittellang und dunn,
die Augen dunkel. Die Brust wird vorgestreckt getragen. Die Schwingen hangen
neben dem Schwanz. Die Beine sind kurz, Laufe und Zehen unbefiedert.
Bemerkenswert ist die Zeichnung: Die Oberseite der Taube ist farbig, die
Unterseite weib, d. h. Stirn, Oberkopf, Hinterhals, Oberrucken und Schwanz sind
farbig, alle anderen Korperteile weib. Es handelt sich somit um eine Art
Mantelzeichnung ahnlich derjenigen der Labore. Am Kopf reicht die Pigmentierung
nicht weit hinunter, endet vielmehr oberhalb der Augen. Neben Schwarz, Blau,
Rot, Gelb. Gehammert, Kaffeebraun und Kastanienbraun gibt es auch Dreifarbige
mit kastanienbrauner Farbe an der Oberseite des Korpers, dabei mit etwas
helleren Flecken durchsetzt. Die Oberseite des Kopfes ist dabei feuerrot und mit
jeweils einigen helleren und schwarzen Federn durchsetzt. Die Flugel sind, wie
geschildert, weib. jedoch konnen am Flugelbug einige einzeln stehende farbige
Federn vorhanden sein. Diese Zeichnung ist in Indien sehr beliebt. Nach England
sind um 1930 auch dreifarbige Tiere exportiert worden: Oberseite des Korpers
schwarz. Unterpartie wie beschrieben weib und mit einigen kleinen roten Federn
am Flugelbug ausgestattet.
In Indien sind weitere den Gooleetummlern
ahnliche Rassen bekannt. Der Pakistani Arif Ansari beschreibt die GOOLEEUKHAL
(Abb. 434), die in der Korperform dein Gooleetummler entsprechen, jedoch in der
Zeichnung abweichen. Es sind farbige Tauben mit weiben Federn rund um die Augen
sowie ebensolchem Bartchen, Flugeln und Unterleib. Auch der Rucken ist meistens
weib. Die weiben Flugel sind dabei mit einigen farbigen Federn durchsetzt. Ist
die Taube blau, sind die farbigen Federn auf den Flugeln gelb, ist sie schwarz,
sind diese hingegen rot. Diese farbigen Federchen auf den Flugeln werden "Guls"
(Bluten) genannt und treten erst nach der Mauser auf.
Die
GOOLEEUPAVAIEEUKHAL entsprechen den Vorgenannten, haben jedoch keine "Guls".
Ferner zuchtet man eine Variante mit farbigen Schwungfedern der ersten Ordnung
in beiden Zeichnungsarten.
Die GOOLEEUCHAPUKHAL (Abb. 435) weisen
gleiche Form auf, sind jedoch am ganzen Korper farbig, wahrend weib nur die
Kopfzeichnung rund um die Augen, Rucken, Unterleib und Schenkel sind. Die Augen
sind bei allen Rassen dunkel und werden von roten Randern umgeben.
Die
KALKUTTAER HOCHFLIEGER verkorpern eine kleine Rasse mit dunklem, mittellangem
Schnabel, sind glasaugig, glattkopfig sowie glattfuUig und kommen nur in
gestorchter Zeichnung vor.
Die BOMBAYTUMMLER sind langschnablige, weibe
Tummler mit dunklen Augen und einer Spitzkappe, dabei teils glattfuUig, teils
behost existent.
Die INDISCHEN PERLTUMMLER (Sheeras: Abb. 436) wurden
haufiger beschrieben. In der Korperform dem Flugtippier ahnlich, sind sie
mittelgrob mit abgerundetem Kopf, langem Schnabel, immer glattkopfig und
glattfuUig. Die Augen sind hell bzw. perlfarbig und werden von dunklen
Augenrandern umgeben. Wiederum sind verschiedene Zeichnungen ublich: blaue
Helltiger mit weibem Korpergefieder sowie gesprenkeltem Hals und Kopf:
Schwarztiger werden "Kalsheeras"
genannt.
Rottiger "Lasheeras" und weibe Tiere mit leicht blau gefarbten SchwanzUund
Schwungfedern "Fulsheeras". In der Regel sind sie Truppflieger, wobei einzelne
Tauber auch als Soloflieger aufgelassen werden.
Die HARRAS sind den
Vorgenannten ahnlich, kommen aber nur einfarbig vor. Angeblich werden sie auch
heutzutage noch aus Kabul/Afghanistan eingefuhrt. Es handelt sich um sehr gute
Roller, die aber nicht lange fliegen. Eine Ausnahme von der Einfarbigkeit
stellen weibkopfige mit dunklen Augen dar.
Die KALDOMAS, im Korperwuchs
klein, immer hellgestorcht und dem Wiener Hellstorch ahnlich, sind
temperamentvolle Truppflieger.
Die MAINE sind reichlich mittelgrobe
Tauben mit schwarzer Gefiederfarbe, dabei einfarbig, weibbindig oder
weibschildig. Schnabel und Zehennagel sind hell fleischfarbig, die Augen rotlich
und von roten Randern umgeben.
Die INDISCHEN ROLLER kommen dem Smyrnaer
Roller nahe und sind mit breitem, erhoben getragenem Schwanz versehen, der aus
mehr als 12 Steuerfedern besteht.
Die indischen Bodenpurzier sind unter
der Bezeichnung LOWTAN oder LOTAN (Lotna Khabuter; Abb. 437) bekannt. Diese alte
Rasse wurde schon 1590 beschrieben. Wiederholt sind Exemplare aus Indien nach
Europa und Amerika exportiert worden. In ihrer Heimat existieren verschiedene
Typen, die sich rein auUerlich sehr ahnlich sind, sich lediglich in ihrem
spezifischen PurzelU oder Rollerverhalten unterscheiden bzw. darin, welche
Reizauslosung sie anregt, sich wie ein Spielball purzelnd zu uberschlagen. Sie
fliegen sehr wenig. In der Veranlagung zum Purzeln liegt ihr eigentumlich
differenziertes Wesen begrundet, das die Zuchter im Ursprungsland gut zu
unterscheiden wissen. Drei Kommandos durch spezifische Beruhrung oder
vergleichbare EinfluUnahme wenden sie bei den verschiedenen Typen an, die das
Purzeln gewissermaben auslosen: "Dasi" bzw. "Dusti" treten in Aktion, wenn sie
der Finger im Nacken tangiert, "Kaiami" bei Beruhrung am Schnabel und "Havi",
wenn sie erschrecken. Die Autoren Lyell, Afro und Pinto wissen zu berichten, dab
sich "KULMEE" sehr leicht und "SADHEE" in Gegensatz dazu sehr schwer zum Purzeln
animieren lassen. Ausgestellt wurden LowtanUBodenpurzler in Deutschland noch
nie.
Diese Tauben besitzen die GroUe einer Feldtaube, ihr Kopf ist lang und
schmal mit flacher Stirn, glatt oder mit Muschelhaube verziert. Der Schnabel ist
lang und dunn. Die Augen sind dunkel bei weiben Tieren und perlfarbig bei
anderen Farbschlagen. Der Hals ist kurz und voll. Die langen Flugel ruhen auf
dem ebenfalls langen Schwanz, der mit dem Rucken in gerader Linie abfallt. Die
Beine sind mittellang, Laufe und FuUe sind schwach oder unbefiedert. Unter
verschiedensten Farbvarianten sind weibe in der Uberzahl, die auch mit farbigen
Flugeln und farbigem Rucken sowie bei gleicher Zeichnung mit einigen kleinen
weiben Federn in den Flugeln vorkommen, ferner mit farbigem Hinterhals und
farbigem Rucken. Weitere Zeichnungsarten kommen derjenigen der Lahore nahe.
Diese indischen Bodenpurzier sind nicht verwandt mit den Parlortummlern oder den
bei uns gezuchteten Bodenpurziern.