20. NIEDERLUNDISCHE TUMMLER
Die Tummlerrassen aus den
Niederlanden gehoren zu den altesten Taubenrassen Europas. Bis auf einige
Flugsportrassen werden sie auch bei uns gezuchtet. Auch in Holland wurden fruher
alle Tummler zum Flugtaubensport benutzt, und noch heute steht er dort in hoher
Blute. Charakteristisch sind dabei vor allem die kleinen Flugtaubenschlage auf
den Dachern der alten Hauser Amsterdams.
Die ALTHOLLUNDISCHEN TUMMLER
(Abb. 460) kamen im 16. Jahrhundeii aus Indien in die Niederlande. Dort wurden
sie im Laufe der Zeit zur heutigen RBSSLUentwickelt. Diese kraftigen,
mittelgroben, stark belatschten Tauben in typhaftci Bootsform prasentieren einen
glatten, gut gerundeten Kopf ohne Haube, dessen hochster Punkt unmittelbar vor
den Augen liegt. Der mittellange, nicht zu dicke Schnabel bildet mit der Stirn
einen stumpfen Winkel, ist dunkel bei Blauen. Blauschimmeln, Blaufahlen,
Schwarzgetigerten und schwarzen weibschildern. DKUubrigen Farbschlage haben
fleischfarbige Schnabel. Die Augen sollen moglichst rein weib sein: nur
Geelsterte weisen dunkle Iriden auf. Der Augenrand ist schmal und blab. Der
mittellange Hals kommt voll aus dem Korper hervor und wird nach oben schlanker,
so dab die Kehle gut ausgeschnitten ist. Die Brust ist breit, tief und gui
gerundet, der Rucken kurz, vorn breit, nach hinten etwas schmaler werdend und
ansteigend. Die Flugel sollen moglichst kurz sein und auf dem Schwanz ruhen. Da^
Flugelschild soll recht breit erscheinen. Der kurze Schwanz wird waagerecht oder
etwas angezogen getragen. Die knapp mittellangen Beine sollen nicht zu eng
stehen. Starke Latschen und Geierfedern sind vorhanden. Dabei kommt es weniger
auf die Lange der Latschen als vielmehr auf ihre Dichte an. Das Gefieder ist
breitfahnig. aber kurz und mub gut anliegen.
Eine betrachtliche Anzahl von
Zeichnungen und Farbschlagen ist bekannt: Einfarbig in weib, Schwarz, Rot, Gelb,
Blau mit schwarzen Binden, Blaufahl mit dunklen Binden, Blauschimmel, Rotfahl
und Gelbfahl: weibschlage in Schwarz, Rot, Gelb, Blau mit Binden, Blaufahl mit
Binden und Blauschimmel; weibschwanze mit farbiger Schwanzdecke und Keil in
Schwarz, Rot, Gelb, Blau mit Binden, Blaufahl mit Binden sowie Blauschimmel,
RotU und Gelbfahl, weibschlagUweibschwanze, die hingegen weibe Oberschwanzdecke
und Schwanzkeil sowie farbige Latschen zeigen, in Schwarz, Rot, Gelb, Blau mit
Binden, Blaufahl mit Binden und Blauschimmel; weibschilder in Schwarz, Rot und
Gelb. Typisch fur diese Rasse sind ferner Schildtiger, bei denen nur das
Flugelschild getigert ist, in Schwarz, Rot oder Gelb variierend. Geelsterte sind
etwas abweichend von der normalen Elsterzeichnung pigmentiert. Farbig sind Hals,
ein Herz auf dem Oberrucken, Brust und Schwanz, weib hingegen Kopf und Latz. Zur
weiben Kopfzeichnung kontrastieren zwei farbige Flecke zwischen Auge und
Schnabetansatz sowie eine farbige Stirnschnippe, die mitunter allerdings auch
fehlt. Die Zucht dieser komplizierten Zeichnungsverteilung ist nicht leicht,
weshalb man keine zu hohen Anspruche stellen sollte. In Holland sind weitere
Zeichnungsvarianten wie Schildtiger, bei denen nicht nur das Flugelschild,
sondern auch der Rucken mit weiben Federn durchsetzt ist, oder Tiger, die weibe
Schwungfedern und Schwanz haben, gelaufig. Althollandische Tummler sind
vorwiegend Ausstellungstauben.
Wie die NIEDERLUNDISCHEN HOCHFLIEGER (Abb.
461 u. 462) entstanden sind, ist nicht uberliefert. Als gute Flugtauben schon
recht lange in den Niederlanden gehalten, hieUen sie fruher schlicht
"GlattfuUige Flieger". Dabei sind sie oft mit deutschen und danischen Tummlern
gekreuzt worden und stehen heute dem glattfuUigen Kolner Tummler sehr nahe. Ein
Standard wurde in den Niederlanden erst 1920 aufgestellt. In Deutschland seit
1971 anerkannt, stellen sie heute noch gute Flieger dar und werden besonders in
Amsterdam noch zum Flugsport verwendet.
Diese Tauben sind mittelgrob mit
waagerecht getragenem Korper und sollen den Eindruck guter, gewandter Flieger
erwecken. Der Kopf weist eine ununterbrochen gewolbte Stirn bzw. Oberlinie auf
und ist ohne Haube. Die perlfarbigen Augen mit recht kleiner Pupille sollen
mitten im Kopf liegen. Die schmalen und ansonsten blassen Augenrander sind nur
bei Schornsteinfegern, Getigerten und weibschilderii in Schwarz und Blau dunkel.
Der knapp mittellange Schnabel wird fast waagerecht gehalten. Der verlangerte
Schnabelschnitt soll durch die Augen verlaufen. Die Schnabelfarbe ist
fleischfarbig bzw. schwarz bei den genannten Varianten mit dunklem Augenrand.
Die Schnabelwarzen sind klein und glatt, der Hals mittellang. an der Basis
kraftig, nach oben schlanker werdend und eine gut ausgerundete Kehle zeigend,
die Brust breit, tief und gut gerundet. Der in den Schultern breite Rucken
verjungt sich nach hinten und fallt kaum ab. Die kraftigen Flugel decken den
Rucken gut und werden auf dem Schwanz liegend getragen. Die Beine sind
mittellang, Laufe und Zehen unbefiedert. Die KrallenU entspricht der
Schnabelfarbung, ist lediglich bei weibschlagen und weibschlagUweibschwanzen
immer hell. Das Gefieder liegt straff am Korper an.
Der umfangreiche
Farbschlagreigen beginnt mit Einfarbigen in Schwarz, Rot, Gelb und als
Schornsteinfeger. Rosettentiger in Schwarz, Rot oder Gelb weisen bei farbigem
Gefieder in der Nahe des Flugelbugs etwa 10 bis 15 weibe Federchen und
ein weibes Schulterdreieck auf. Schildtiger
(Abb. 462) in den gleichen Farbvariationen verfugen uber ein moglichst
gleichmabig mit weiben Federn durchsetztes Flugelschild, wobei die Grundfarbe
uberwiegen soll. Dazu ist ihnen ein weibes Schulterdreieck eigen, wahrend die
Handschwingen farbig sein mussen. weibschilder tragen ein rein weibes
Flugelschild bei ansonsten farbigem Korper und variieren ebenfalls in Schwarz.
Rot und Gelb. weibschwanze zeigen neben der. dei Bezeichnung gerecht werdenden.
Schwanzfarbung auch ebensolche 0berschwan/Udecke und Keil. weibschwingige sollen
7-10 weibe Schwungfedern der ersten Ordnung haben. weibschlagUweibschwanze
hingegen weiben Schwanz mit weibem Keil und Schwanzdecke. weibschwanzige
variieren von Schwarz, Rot, Gelb, Blau und Blaufahl bis Blauschimmel,
weibschwingige nur von Schwarz uber Rot bis Gelb, analog zu den
weibschlagUweibschwanzen. In den Niederlanden werden aber noch weitere
Spielarten gezuchtet.
Die NIEDERLUNDISCHEN SCHORNSTEINFEGER (Abb. 463)
entstanden durch Kreuzung von Niederlandischen Tummlern mit Danischen Brandern,
sollen in ihrer Korperform den Niederlandischen Hochfliegern entsprechen und
werden im Standard als Farbschlag des Niederlandischen Hochfliegers aufgefuhrt.
Ihr ganzes Gefieder ist von Kopf bis Schwanz kastanienbraun mit rotlichem Glanz
an Brust und Hals. Der Schwanz zeigt eine schwarze Binde, die Schwungfedern
schwarze Spiegel, so dab der auUerste Rand der Feder braun bleibt oder einfach
schwarz auslauft.
Die NIEDERLUNDISCHEN KALOTTEN (Nederlandse Helmduif;
Abb. 464) haben nur Namen und Zeichnung mit unseren deutschen Kalotten
gemeinsam. In Form und Haltung gleichen sie vielmehr den Niederlandischen
Hochfliegern. Ihr Schnabel ist gut mittellang. Bei weiber Grundfarbe sind nur
Schwanz und Kopfplatte farbig. Die Kopfzeichnung wird durch eine gedachte Linie
begrenzt, die vorn Schnabelwinkel durch die Augen zum Hinterkopf verlauft.
Schwarz, Blau. Silber. Rot, Gelb und Dun bilden das Farbrepertoire. Der
HAGENAARTUMMLER {Abb. 465) gilt in den Niederlanden als der beste Hochflieger
und wird nicht zu Unrecht "Wolkenstecher" genannt. Diese Tauben sind in der Tat
sehr temperamentvolle und sturmische Flieger. Vorfahren dieser Rasse sollen auf
denn Seewege nach Holland gekommen sein. Alter als Niederlandische Hochflieger
und Kolner Tummler, haben Hagenaartummler bei der Erzuchtung
beider Rassen Pate gestanden. Auch zur Herauszuchtung des
Cumulettummlers wurden sie verwendet. Hagenaar (= aus Den Haag) wurden fruher in
allen Farben gezuchtet, heute jedoch nur noch reinweib. Im auUeren
Erscheinungsbild dem Niederlandischen Hochflieger ahnlich, sind sie mittelgrob
mit mittelhohem Kopf und glattkopfig. Die Iris soll rein und so hell wie moglich
sein, die Pupille sehr klein. Der Schnabel ist gut mittellang und hell, der Hals
mittellang. Die Flugel ruhen auf dem Schwanz, der mit dem Rucken eine leicht
nach hinten abfallende Linie bildet. Die Beine sind mittellang, Laufe und Zehen
unbefiedert. In den Niederlanden ist noch eine grobe Zahl weiterer TummlerU und
Hochflugrassen gelaufig, die nur zum Flugsport verwendet werden und fur die es
keine Musterbeschreibung gibt. Es handelt sich meist um Lokalrassen, die nur in
einer Stadt, ihrer Heimat, bekannt sind. In Amsterdam, der groben alten
Taubenstadt, existieren gleich mehrere solcher Rassen: "Beizen", "Platjes", eine
Variante der Niederlandischen Kalotte fur den Hochflugsport, sodann die "Tips",
"Vliegewitjes", "Holletjes" und "Engelsmannen".
Die ENGELSMANNEN
verkorpern robuste Flugtauben, die mit den englischen kurzschnabligen Tummlern
verwandt sind. Sie kommen meist als weibkopfe oder Bartchen vor. Bei den
letzteren ist ein groberer oder kleinerer weiber Fleck, der "Bart", unterhalb
des Schnabels vorhanden, auUerdem haben sie weibe Schwungfedern und einen weiben
Schwanz. Sie werden vereinzelt auch in Deutschland gezuchtet. Die Schnabellange
dieser Tauben soll sie befahigen, ihre Jungen selbst aufzuziehen.