22. OSTERREICHISCHE TUMMLER

Die ersten Tummlertauben sollen zur Zeit der Turkenbesetzung nach Osterreich gekommen sein. Wiener und Budapester Rassen waren somit gleichen Ursprungs und teilten sich erst nach Zusammenbruch der Donaumonarchie OsterreichUUngarn in zwei Rassegruppen auf. Unter den Tummlern aus Osterreich sind keine langschnabligen, sondern nur mittelU und kurzschnablige zu finden. Zunachst gab es auch nur glattfuUige: die wenigen belatschten sind erst spater herausgezuchtet worden. Viele Rassen sind heute auch in Deutschland und der Schweiz weit verbreitet.

ALTOSTERREICHISCHER TUMMLER, weib (Foto Althof)

Die ALTOSTERREICHISCHEN TUMMLER (Abb. 468) sind selten geworden. vereinzelt aber noch in Osterreich und Deutschland anzutreffen. Als Vorfahren der heutigen mittelschnabligen Wiener Tummler sind es kleine, tiefgestellte Tauben. glattfuUig und mit rundem glatten Kopf ausgestattet, die fruher gute Flugtauben darstellten. Spater gefiel den Zuchtern die einfache Form dieser Taube nicht mehr. und durch Kreuzungen mit anderen Tummlern, die wohl auch orientalischer Herkunft waren, wurden die mittelschnabligen Wiener Tummler mit dem langen, dunnen Hals und dem kantigen Kopf erzuchtet. Auch die reinen Flugstamme wurden diesem Schautyp angenahert, behielten aber doch einen runderen Kopf. Vom Urtyp blieben eigentlich nur zwei Zeichnungsarten ubrig, die weibschilder und Kiebitze, wobei der Kopf ersterer schon nicht mehr ganzlich dem alten Typ entspricht. Die Kiebitze verkorpern den herkommlichen Typus hingegen bis auf den heutigen Tag. Die Altosterreichischen Tummler sollen knapp mittelgrob, ihr Kopf abgerundet, der Schnabel knapp mittellang und die Augen perlfarbig sein. Der Hals ist kurz, die Kehle aber gut ausgeschnitten. Die Flugel ruhen auf dem Schwanz, der mit dem Rucken eine leicht nach hinten abfallende Linie bildet. Die Beine sind knapp mittellang, Laufe und Zehen unbefiedert. An Farbschlagen gibt oder gab es Einfarbige in Rot, Gelb, Schwarz, weib, Blau mit schwarzen Flugelbinden, ferner Gedachelte, Hellstorche, Farbstorche, Dunkelstorche, Kiebitze, Roslischecken, Schimmel, weibschwingige, Schildtiger und Tiger. Die Kiebitze sind wohl die schonsten Vertreter dieser Rasse und auch bei uns noch im alten Typ zu finden. Diese Variante hat sich jeder "Modernisierung" erfolgreich widersetzt. Die Oberseite des Korpers ist farbig, die Unterseite weib. Farbig sind in diesem Fall Kopf, Hals, Rucken, Flugel und Schwanz, weib hingegen Brust, Unterleib und Schenkel. Kiebitze findet man in Schwarz und in Blau mit schwarzen Binden, seltener in Rot und Gelb. Altosterreichische Tummler sind Truppflieger, die lange und hoch fliegen.

WIENER HOCHFLIEGER, blaugeschimmelt (Foto Lung)

Die WIENER HOCHFLIEGER (Abb. 469) sind der moderne Flugtyp der mittelschnabligen Wiener Tummler und entwickelten sich aus den Altosterreichischen Tummlern. Diese Tauben sind robuster als der Schautyp, und ihr Kopf ist nicht so kantig. Hellstorche sind in der Uberzahl. Zudem kommen Dunkelstorche, Blaue mit Binden (Stockblaue), Farbstorche, Schimmel, Tiger und Einfarbige vor. Die Storche sind kranzhalsig gezeichnet, haben also am Hals einige farbige Federn. Auch Einfarbige mit weiben Schwungfedern sind existent. Tiger sind fast nur als Schwarztiger vorhanden, Kiebitze, Gedachelte und Roslischecken unter den Flugtauben kaum zu finden. Von allen Flugtummlern sind die Wiener die temperamentvollsten Flieger, sturmen den Wolken entgegen und vollfuhren blitzschnelle Wendungen in Form einer Acht. Leider hat man, um die Flugdauer zu steigern, Budapester Hochflieger eingekreuzt, worunter das Temperament bzw. der Flugstil gelitten hat.

Die WIENER WEISZSCHILDER (Abb. 470) sind bis auf den Kopf dem Typ der Altosterreichischen Tummler noch ahnlich. Sie wurden aus den Roslischecken alter Zuchtrichtung herausgezuchtet. Flugtauben sind es aber nicht mehr, denn durch die standige Auslese mit dem Ziel, Schonheit zu zuchten, ging ihr Flugvermogen verloren. Diese Tauben sind knapp mittelgrob. Der Kopf ist moglichst klein, gut abgerundet und ohne Platten oder Kanten. Die Augen sind weib mit einem lichtblauen Stich, die breiten Augenrander bei roten und gelben Tieren rot, bei schwarzen pflaumenblau. Der Schnabel ist etwas kurzer als mittellang. breit angesetzt und klobig, seine Farbung variiert von fleischfarbig bei Roten, dabei oft etwas angelaufen, uber rein fleischfarbig bei Gelben bis zu schwarz bei Schwarzen. Der kurze Hals soll nicht zu dunn sein. Die Kehle ist gut ausgeschnitten, die Brust breit und rund. Der kurze Rucken fallt nach hinten leicht ab. Die Flugel sind gut geschlossen und

WIENER WEISZSCHIED. schwarz (Foto Wolters)

werden auf dem Schwanz liegend getragen. Die Beine sind kurz, Laufe und Zehen unbefiedert. Die Krallenfarbe ist bei Schwarzen schwarz, bei Roten und Gelben hell. Bei farbigem Gefieder mub das weibe Flugelschild gut abgerundet sein. Ein nicht zu langer weiber Rucken ist gestattet. Bekannt sind nur die genannten Farbschlage.

WIENER TUMMEER, hellgestorchl (Foto Wolters)

Die WIENER TUMMLER (Abb. 471U474) sind aus den ursprunglichen Flugtauben erzuchtet worden. Als Ausstellungstauben sind sie heute in Europa weit verbreitet. Ihr Kopf ist langlich und schmal, der Oberkopf flach, allseitig kantig. Die Stirn verlauft in stumpfem Winkel zum Schnabel. Die groben Augen liegen nahe der Schadeldecke und dem Schnabel. Die Iris ist milchweib mit einem lichtblauen Stich. die Pupille recht klein. Die glatten, nicht zu breiten Augenrander sind bei einigen Farbschlagen blau bis schwarz, bei Roten und Gelben fleischfarbig bis rot. Der mittellange, dunne Schnabel wird waagerecht getragen. Der Schnabelschnitt soll parallel zur Kopfplatte unter den Augen verlaufen. Die Schnabel ist bei den meisten Farbschlagen schwarz und nur bei Roten und Gelben fleischfarbig bis hellhornfarbig getont. Die Schnabelwarzen sind wenig entwickelt und hell. Der lange und dunne Hals wird senkrecht getragen. Die Kehle ist gut ausgeschnitten, die schmale Brust tritt etwas hervor, der ebenso schmale Rucken fallt nach hinten ab. Die langen und schmalen Flugel stehen etwas ab und werden auf dem Schwanz liegend getragen. Die langen und dunnen Beine stehen eng und gerade nebeneinander. Laufe und Zehen sind unbefiedert. Die bei einigen Farbschlagen vorhandenen Belatschten werden getrennt ausgestellt. Die Krallenfarbung entspricht derjenigen des Schnabels. Das schmalfedrige Gefieder liegt straff am Korper an. Im umfangreichen Farbschlagsortiment stehen folgende anerkannte Variationen zur Verfugung: Hellstorche {Abb. 471) mit weiber Grundfarbe und blaugrau gesaumten Schwingenspitzen und Steuerfedern, Hellstorche mit weibem Schwanz, Farbstorche in Schwarz, Rot und Gelb, bei denen die Grundfarbe weib und der Kopf bis zu den Ohren, Bartchen, Schwungfedern und Schwanz farbig sind sowie Gedachelte mit farbiger Oberseite des Korpers und weiber Unterseite. Diese Bezeichnung sagt aus, dab das Tier vom Bartchen uber Hals und Brust bis zum Schwanzanfang einschlieUlich Unterschwanz weib ist, Kopf bis zu den Ohren sowie Bartchen, Schwanz und Flugel hingegen farbig. Diese Zeichnungsvariante kommt in Schwarz, Blau, Rot und

WIENER TUMMLER, Kiebitz schwarz (Foto Wolters)

Gelb vor. Ferner gibt es Kiebitze (Abb. 472), bei denen Kopf, Hals, Rucken, Flugel und Schwanz farbig, Burzel, Unterleib und Schenkel bis zum Schwanzansatz jedoch weib sind. Gezuchtet werden diese in Schwarz, Blau, Rot und Gelb. AuUerdem kennt man Dunkelstorche (Abb. 473) mit folgendem Farbbild: Kopf bis zu den Ohren und Bartchen schwarzblau, vom Bart bis zum Brustanfang violett bis grun schillernd und dabei fein gesprenkelt, Bauch und Schenkelgefieder weib, Flugel blaugrau, etwas meliert und mit schmalen Binden, Schwanz schwarzblau, auf dem Oberrucken ein kleines weibes Herz. Zeigen sie viel violetten Glanz, werden sie "violette Dunkelstorche" genannt. Ebenso verhalt es sich mit grunem Glanz und "grunen Dunkelstorchen". Blaue mit dunklen Binden werden "stockblau" genannt und sind dunkelblaugrau, von der Brust uber den Bauch bis zum Schwanz hin langsam heller werdend, ihre Flugelschilder dabei schon reinblau. Die Halsfarbe mub kafergrun schillern. Fast gleich gezeichnet sind die "Wiener Wilden": dunkelblau, von der

WIENER TUMMLER, dunkelgestorcht (Foto Wolters)

Brust uber den Bauch bis zum Schwanz hin heller werdend. Roserlschecken (Abb. 474) werden in Schwarz, Rot und Gelb gezuchtet. Bei einfarbigem Restgefieder befinden sich auf dem Rucken weibe Federn, die ein kleines Herz bilden. Von den

WIENER KURZE, rot (Foto Wolters)

Achseln hin zur Mitte der Flugel sind kleine weibe Federn (Roserln) anzutreffen. Achselschecken entsprechen den Roserlschecken, jedoch fehlt ihnen das weibe Ruckenherz. SchlieUlich trifft man auch Einfarbige, vorwiegend in Schwarz, seltener in Rot oder Gelb, an. weibschwingige, fruher auch vorhanden, sind in Deutschland schon lange nicht mehr gezeigt worden.

Die BELATSCHTEN WIENER TUMMLER (Abb. 475) werden nach dem gleichen Standard wie die glattfuUige Spielart bewertet, sollen also dem glattfuUigen Schautyp entsprechen. Anerkannt sind Hellstorche und Blaue, doch sind auch andere Farbschlage wie Tiger und Schwarze vorhanden. Die gestorchten latschigen Tiere sind auch mit weibem Schwanz zugelassen.

WIENER TUMMLER, belatscht. hellgestorcht (Foto Wolters)

Die WIENER KURZEN (Abb. 476), auch Wiener Kurzschnablige Tummler genannt, sollen von Altosterreichischen Tummlern abstammen, die mit "Sachsischen Indianern", einer kleinen, langst verschwundenen Warzentaube, gekreuzt wurden. Sie zeigen einen kleinen, gedrungenen, fast waagerecht getragenen Korper. Ihr Kopf ist klein, breit, kurz und wurfelformig, Stirn und Hinterkopf kantig. Die Augen sind grob und etwas hervorstehend mit milchweiber Iris, die einen kleinen blaulichen Stich zeigt. Die lebhaft roten Augenrander sind flach, zweib bis dreireihig, bis zur Schadeldecke reichend und sich an den Schnabel anschlieUend, aber ohne mit diesem zu verwachsen. Der fleischfarbige Schnabel ist waagerecht eingebaut, dabei an der Wurzel breit, kurz, dick und klobig. Die Nasenwarzen sind glatt. Der Hals ist kurz, tritt kraftig aus den Schultern hervor und verjungt sich zum Kopf hin. Die Kehle ist ausgeschnitten. Die breite, gewolbte Brust tritt hervor. Der in den Schultern breite Rucken wird nach hinten etwas schmaler und fallt leicht ab. Die Flugel sind

WIENER TUMMLER. Roserlschecken gelb (Foto Wolters)

kraftig und kurz. Die Schwingen werden auf dem Schwanz liegend getragen. Die Laufe sind kurz, kraftig und unbefiedert, die Krallen hell. Das kurze Gefieder mub glatt am Korper anliegen. Bekannt sind Einfarbige und weibschwingige in Schwarz. Dun, Rot, Gelb und Blau mit schwarzen Binden, einfarbig auch in weib, auUerdem Sprenkel (Harlekine), die schwarze Sprenkelung auf blaugrauer Grundfarbe zeigen. Letztere sind wahrscheinlich verschwunden.

WIENER GANSEL, schwarz (Foto Woltcrs)

Die WIENER GANSEL (Abb. 477) haben sich neben den Wiener Kurzen zu eineiUeigenen Rasse entwickelt. Es handelt sich um kleine, gedrungene Tauben mit waagerechter Korperhaltung. Ihr Kopf ist klein und breit, dabei aber kurz und wurfelformig. Stirn und Hinterkopf sind kantig. Eine leichte Vertiefung in der Kopfplatte, das "Grubchen", wird erwunscht. Die groben Augen treten etwas hervor und zeigen eine dunkle Iris. Die Augenrander sind lebhaft rot, zweib bis dreireihig. reichen bis zur Schadeldecke und schlieUen, ohne mit ihm verwachsen zu sein, an den Schnabel an. Dieser ist kurz, dick, klobig, an der Wurzel breit und waagerecht eingesteckt sowie bei allen Farbschlagen hellfleischfarbig getont. Die Schnabelwarzen sind nur wenig entwickelt, glatt und weib. Der kurze Hals tritt kraftig aus den Schultern hervor und verjungt sich zum Kopf hin. Die Brust ist breit, gewolbt und hervorstehend. Der in den Schultern breite Rucken fallt nach hinten leicht ab. Die Flugel sind kurz und kraftig. Die Schwingen ruhen auf dem Schwanz. Die Beine sind kurz, kraftig und glattfuUig. Die Farbe der Krallen ist hell, das Gefieder breitfahnig, gut entwickelt und glatt, die Zeichnung geganselt. weib sind dabei Kopf. Vorderhals bis zur Kropfmitte (Latz), Rucken und Flugel mit Ausnahme des Ruckenherzes. Sie werden in Schwarz, Rot, Gelb, Blau, Silber und Blaugehammert sowie auch Gelercht gezuchtet.