1. RIESENTAUBEN
Die Riesentauben, die bisher bei uns nur in
zwei Rassen vorkamen, haben durch die Ungarische Riesentaube Zuwachs bekommen.
Die ubrigen Riesentaubenrassen aus den osteuropaischen Landern sowie aus Spanien
sind in Deutschland noch nicht vertreten oder als Ausstellungsrassen nicht
anerkannt.
Die ROMER (Abb.7) sind bei uns die bekanntesten Vertreter der
Riesentauben. Sie Jpntstanden in Italien, vermutlich aus der alten Kairuantaube,
wurden aber spater in Jpudfrankreich zu ihrer heutigen Form erzuchtet. Das
Wesentliche ist ihre grobe, Jnassige und langgestreckte Form. Sie sollen den
Korper fast waagerecht tragen, und jper Rucken soll zum Schwanz hin nur wenig
abfallen. Die Flugelspannweite, die bei ausgestreckten Flugeln uber den Rucken,
von Flugelspitze zu Flugelspitze gemessen Jwird, sollte mindestens 96 cm oder
besser mehr betragen. Gute Exemplare erreichen eine Flugelspannweite von uber
100 cm. Bock nannte in den dreiUiger Jahren als grobte Flugelspannweite 108 cm.
Das Gefieder soll gut am Korper anliegen. Die besonders langen SchwungU und
Steuerfedern lassen die Tauben noch langer erscheinen, als sie vom Skelett her
sind. Trotz der Korperlange mub der Korper harmonisch gebaut sein. Dazu ist eine
breite Brust und ein breiter Rucken erforderlich. Als Korpergewicht nennt Marks
1975 fur Taubinnen 1000 U1100 g und bis zu 1200 g fur Tauber.
Der Kopf ist
grob und langlich, stets ohne Haube. Er soll uber die Scheitellinie zum Nacken
gut abgerundet sein. Der Schnabel ist stark und mittellang. Er ist bei den
Blauen schwarz oder dunkel, bei allen anderen Farbschlagen, auch bei Schwarz,
hell und bei Braunfahlen hellhomfarbig. Bei Schwarzen ist eine dunkle
Schnabelspitze erlaubt. Die Augen sind perlfarbig, bei weiben dunkel; es wird
auch bei ihnen das Perlauge angestrebt. Der Augenrand soll zwar gut entwickelt,
aber nicht zu breit und grob sein. Er ist feurig rot, nur bei den Blauen und
Braunfahlen etwas dunkler. Die Flugel erreichen das Schwanzende, sollen aber zu
beiden Seiten auf dem Schwanz aufliegen. Die Laufe sind mittellang und
unbefiedert, die Zehennagel zeigen die gleiche Farbe wie der Schnabel.
An
Farbschlagen gibt es Blaue mit Binden, Blaugehammerte, Braunfahle, Schwarze.
weibe, Rote, Gelbe und Gescheckte.
Gemab ihrer GroUe benotigen die Romer
auch einen geraumigen Schlag und entsprechend grobe Nistkasten. Die Romer sind
keine guten Flieger, was beim Bau des Schlages berucksichtigt werden mub.
Der AMERICAN GIANT RUNT (Abb. 8) ist die amerikanische Zuchtrichtung der
Romer. Er ist kurzer und gedrungener mit ziemlich kurzem, aber starkem Flals.
Brust und Rucken sind sehr breit. Die Taube erinnert, abgesehen von den langen
Schwingen, noch starker an den ausgestorbenen Leghorn Runt, wie er in "A
treatise on domestic pigeons", London 1765, abgebildet wurde. Der Schnabel ist
knapp mittelUi^p die Augen bei allen Farbschlagen weib bis perlfarbig. Es kommen
alle ^auptfarben vor wie Schwarz, Rot, Gelb, weib und Blau mit schwarzen Binden.
Die AMERICAN GIANT RUMBLER sind den
vorgenannten ahnlich, aber noch kurzer und gedrungener, mit kurzerem Schnabel.
Die KAIRUANTAUBE (Abb. 9; franzosisch: "Mondain de Kairouan") ist wohl
eine der altesten Riesentaubenrassen der Welt und nach Angaben von M. Holler der
Ahn aller anderen europaischen Riesentauben. Die Kairuantaube entstand in
Nordafrika schon zur Zeit der Phonizier. In ihrer Heimat werden die Tauben noch
heute gezuchtet, und auch nach Europa kamen sie mehrfach. Fruher wurden sie auch
"Karthagotauben" genannt. In GroUe, Form und Gestalt ahneln sie den Romern, sind
jedoch kurzer und nicht so elegant gebaut. Vertreter der Rasse sind immer
glattfuUig und glattkopfig. Sie haben eine Flugelspannweite von 94 bis 98 cm.
Die Flugel werden etwas lose, jedoch nie hangend, an den Schwanzseiten getragen.
Die FuUe sind unbefiedert oder leicht behost, die Zehen aber immer nackt. Es
gibt nur Rotvarianten, also Rote, Rotgelbe, Rotbraune, Gelbe. Die Farben sind
aber nie kraftig, sondern immer etwas glanzlos und stumpf. Das Untergefieder ist
bleifarbiggrau. In der franzosischen Musterbeschreibung werden auUer den
Rotspielarten auch Reinweibe und Rotschecken genannt. In Tunesien zuchtet man
die Rasse leicht verandert, d.h. etwas kleiner und meist reinweib, unter der
Bezeichnung "Tunesischer Mondain". In Syrien heiUen die auch etwas kleineren und
leichteren Tauben "Syrische Cameau". Sie sind meist gelb oder rot.
Die
MONTAUBAN (Abb. 10) stammen aus der sudfranzosischen Stadt gleichen Namens. Sie
sollen nach Lavalle (1905) aus Kreuzungen von Romern mit italienischen
Monatstauben entstanden sein. Bei diesen handelt es sich um grobe, kappigc
Feldtauben, die der Erzeugung von Schlachttauben dienten und jeden Monat einmiil
bruteten. So wurden auch die Montauban in Frankreich zunachst als Nutztauben
gehalten und erst spater zuchterisch zu einer Ausstellungsrasse verandert. Bei
unUi sind sie seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts bekannt.
Sie sind in
ihrer Korperform dem Romer ahnlich, jedoch etwas kurzer. Ihr Gewicht sollte
mindestens 800 g betragen. Der Korper wird fast waagerecht, zum Schwan/.e hin
nur leicht abfallend, getragen. Der Kopf ist stark, breit, lang, mit gewolbter
Stirn. versehen mit einer federreichen, dichten und breiten Muschelhaube, die
von vorn gesehen den Hals seitlich uberragt und in Rosetten endet. Die Augen
sollen moglichst perlfarbig sein, doch sind auch orangefarbige Iriden
zugelassen. Die weiben haben dunkle Augen. Der Augenrand ist nur schwach
entwickelt und von rotlicher Farbe. Der Schnabel ist kraftig, gut mittellang und
fleischfarbig, bei dunklen Farbschlagen mit dunklem Anflug oder Stipp. Der Hals
ist kurz und stark. Das Gefieder wird am oberen Hals locker getragen. Die Brust
ist breit, tritt aber nur wenig hervor. Der Rucken soll lang und in den
Schultern breit sein. Die langen Flugel erreichen fast das Schwanzende. Sie
sollen auf den Schwanzseiten aufliegen und sich nicht kreuzen. Der Schwanz ist
lang und breit. Er darf den Boden nicht beruhren. Die Laufe sind kurz und
kraftig sowie stets unbefiedert. Neben den Farbschlagen in den Grundfarben gibt
es diese auch als Gescheckte.
Die UNGARISCHEN RIESENTAUBEN (Magyar orias
hazigalamb: Abb. II) sind nach Torol in ihrer Heimat bereits im 17. Jahrhundert
erwahnt worden. Aus der Zeit der Turkenkriege stammt die fruhere Bezeichnung
"Turkentaube", ohne daraus schlieUen zu konnen, dab sie turkischer Herkunft
waren. Etwa ab 1900 wurden sie in grober Zahl als Nutztauben zur Erzeugung von
Schlachtkorpern gehalten. Erst seit 1035 wurde zielstrebig an einer Rasseformung
gearbeitet. Ende der sechziger Jahre ^amen sie nach Osterreich und Deutschland,
wo sie 1974 als Ausstellungstaubenrasse offiziell anerkannt wurden.
Die
Ungarischen Riesentauben gehoren zu den grobten Haustauben und erreichen gin
Korpergewicht von 800 bis 1000 g, dies bei einer Flugelspannweite von ca. 100
cm. Die Korperhaltung ist fast waagerecht, der Rucken zum Schwanze hin nur
leicht ^fallend. Der Kopf ist breit, dabei etwas langlich mit hoher Stirn. Er
wird von einer federreichen Haube, in Ungarn "Kamm" genannt, geziert, die von
Ohr zu Ohr den Hinterkopf umschlieUen soll. Diese Haube soll aufrecht stehen,
sehr dicht sein und in Rosetten auslauten. Vom etwas lockeren Halsgefieder setzt
sich der Kamm durch eine leichte Kimme ab. Die Augen sind dunkel bei weiben oder
solchen mit uberwiegend weibem Kopfgefieder, sonst orangefarbig. Der Augenrand
ist schmal, bei weibem Kopf orangefarbig sonst je nach der Gefiederfarbe
fleischfarbig bis dunkel. Der Schnabel ist recht kraftig und ebenso je nach
Gefiederfarbe fleischfarbig bis dunkel. Die gut gewolbte Brust wird angehoben
getragen. Der Rucken ist, besonders an den Schultern, breit, dabei lang und nach
hinten eher geringfugig abfallend. Die Flugel sind lang und liegen auf dem
Schwanz. Der lange Schwanz darf den Boden nicht beruhren. Die Beine sind kurz
und kraftig, mit dichter Belatschung und dichtem Schenkelgefieder versehen. Die
Latschen sind 10U16 cm lang. Das Gefieder ist dicht, liegt aber nicht sehr fest
am Korper an.
An Farbschlagen sind in Deutschland anerkannt:
weib, Schwarz, Rot, Gelb, Blau mit schwarzen Flugelbinden, Blaufahl mit dunklen
Binden, Blaugehammert, Schimmel, Getigerte und Gescheckte in allen Hauptfarben.
In Ungarn kommen auch Gesattelte, Gemonchte, Geherzte und weibschwingige vor. In
der Umgebung von Debrecen zuchtet man die Riesentauben weib mit blauem Kamm, und
in Nagykoros entstanden weibe mit schwarzem Kamm und schwarzem Genick.
Es gibt auch GLATTFUSSIGE UNGARISCHE RIESENTAUBEN, die ansonsten den
vorgenannten gleichen. Auf Ausstellungen sind sie nicht zugelassen. Sie dienen
als Wirtschaftsrasse zur Gewinnung von Schlachttauben. Aus diesem Grunde haben
sie in der Regel weibes Gefieder.
Die TRANSKARPARTISCHEN RIESENTAUBEN (Abb. 12) sind wahrscheinlich eine
ungarische Zuchtung, jetzt jedoch hauptsachlich in der Ukraine verbreitet. In
der Figur dem Romer ahnlich, erscheinen sie aber noch massiger durch ihren
dicken Hals und die volle Kehle. Auf dem 13. WeltgeflugelkongreU 1966 in Kiew
wurden sie ausgestellt. Sie kommen in allen Farben vor.
Die POLNISCHEN
RIESENTAUBEN (Olbrzym Polski) werden bisher nur in ihrer Heimat gezuchtet. Es
wird vermutet, dab auch sie mit den Ungarischen Riesentauben verwandt sind. Sie
wiegen etwa 800 g und haben eine Flugelspannweite von uber 80 cm. Die Korperform
der Taube ist nicht nur grob, sondern auch lang. Der Kopf wird von einer nicht
sehr stark entwickelten Muschelhaube geziert. Die FuUe sind stark belatscht.
Alle Farbschlage sind anerkannt, bislang sind aber fast nur
SchwarzUweibgescheckte vorhanden.
Auch die KARPARTISCHEN RIESENTAUBEN
stammen aus Ungarn. Sie entsprechen den Ungarischen Riesentauben, sind aber
glattkopfig und belatscht. Im Entstehungsland sind sie weiterhin existent,
werden aber noch nicht ausgestellt.
Die RUMUNISCHEN RIESENTAUBEN (Porumbeii urasi de Salonta = "riesige
Tauben aus Salonta"; Abb. 13) stammen offensichtlich von den Ungarischen
Riesentauben ab. Man findet sie hauptsachlich in einem Gebiet, das fruher zu
Ungarn gehorte. Es sind grobe und vollfleischige Tauben, die trotzdem gut
zuchten. Ihr Gewicht betragt bis zu 900 g. Die Flugelspannweite liegt bei 96 cm.
Die Tauben sind immer doppelkuppig, die Laufe leicht befiedert, aber die Zehen
nackt. Die Rumanischen Riesentauben kommen nur in einer Art Monchszeichnung vor,
bei der der Kopf, ein kleiner Latz, die Schwungfedern, Unterleib und
Unterschenkel sowie die Laufbefiederung weib sind. Farblich unterscheidet man
Blaue mit Binden, Rote. Schwarze und Gelbe.
Die MALLORCAURIESENTAUBEN
(Abb. 14), spanisch "Mallorquina" und auf Mallorca "Colom de Casta Grosso"
genannt, sind sehr grob. Die Rasse hat also an verschiedenen Orten Spaniens
voneinander abweichende Namen erhalten. BrilLit schlug 1935 vor, sie "Paloma
gigante" zu nennen. Doch hat sich seine Anregung bei den Zuchtern nicht
durchsetzen konnen. In der Korpertorrn sind diese Tauben dein Romer ahnlich und
ebenso glattfuUig und glattkopfig. Ihre Fruchtbarkeit labt /ii wunschen ubrig.
Um diese zu verbessern, wurden Brieftauben eingekreuzt, wodurch die GroUe etwas
zuruckgegangen ist.
Die VALENCIAURIESENTAUBE (Tenat Gigante Valencia)
ist eine sehr alte Rasse. die nach Brage schon 1613 erwahnt wurde. Bei ihr soll
es sich um die schwerste Haustaube der Erde handeln. Ein ausgewachsener Tauber
kann bis zu 2.2 kg wiegen. In der GroUe ubertreffen sie noch die Romer und sind
viel schwerer. Sie konnen in allen Farben vorkommen, sind jedoch meist gehammert
oder gelblich, zudem immer glattfuUig. Die Schwingen sind lang, hangen lose
herunter und schleppen auf dem Erdboden. Auch der Schwanz beruhrt den Boden. Die
Tauben fliegen kaum und sind trage Bruter.
Die PEKINGER RIESENTAUBEN sind erst nach 1945
auUerhalb von China bekanntgeworden, als sie in der Fachpresse mehrfach
beschrieben und abgebildet wurden. Diese Tiere wiegen etwa 900 g. Die
Flugelspannweite betragt bis zu 95 cm. Ihr Kopf wird von einer Nasenkuppe
geziert, wie sie fur chinesische Tauben typisch ^ Diese sitzt unmittelbar uber
dem Schnabelansalz und darf als rassetypisches Merkmal nie fehlen. Es gibt sie
in Schwarz, Rot, Gelb, weib, Blau mit Binden, Uiaugehammert und als Schimmel,
ferner kommen weibe Tiere mit farbigem Schwanz und farbige Tiere mit weiben
Schwungfedern vor. In Hongkong gibt es bisherU nur schwarze und gelbe Tiere. Die
Rasse soll gut zuchtbar sein.
Riesentauben gibt es anscheinend in der ganzen
Welt. So kennen wir noch eine
KURDISTANER RIESENTAUBE - glattfuUig,
glattkopfig und meist blau. Die
SMYRNAER RIESENTAUBE ist reichlich
mittelgrob und federfuUig. Die Ungarn meinen, dab ihre Ungarische Riesentaube
von der Smyrnaer abstammt, die zur Zeit der Turkenbesetzung nach Ungarn gekommen
sein soll.
Die THAILUNDER RIESENTAUBE wurde vom Amerikaner Ziehl bei
einer Bangkokreise vor einigen Jahren gesehen. Er schreibt: "Es sind grobe
Tauben mit Haube. Von den Einheimischen werden sie 'Turken' genannt. Man glaubt,
dab die Vorfahren aus der Turkei gekommen sind, was durchaus moglich ware. Die
Farbe der Tauben ist meist blau".
Die RIESENTAUBE VON MADRAS, die schon
von Darwin erwahnt wurde ("Murassa di Madras"), soll nach Prof. Ghigi dem Romer
ahnlich gewesen, inzwischen aber verschwunden sein.
Die GROSSEN
SPANISCHEN MONDAINTAUBEN (Gran Mundana Espanola: Abb. 15), sind eine moderne
Zuchtung, durch Kreuzungen von MallorcaURiesentauben, Romern und Montauban
entstanden. Sie sind so grob wie Montauban, immer glattfuUig, und der Kopf wird
von einer Muschelhaube geziert.
Die GABACHOURIESENTAUBE aus Spanien ist
so grob wie die Romer, hat aber eine Spitzkappe und befiederte FuUe.