3. SPANISCHE KROPFTAUBEN

Die spanischen Kropftauben bilden eine eigene Untergruppe, denn sie unterscheiden sich merklich von den anderen Rasse der Kropftaubengruppe. Sie wurden fruher und z. T. auch heute noch in Spanien, Portugal und teilweise in Holland fur den DiebesU. FangU oder Locktaubensport verwendet. Dieser Sport ist uralt. So fand R. Brage ein Manuskript aus dem Jahre 1700, geschrieben von einem Pater Liaudi, in dem schon von spanischen Kropftaubenrassen und Diebestaubensport die Rede ist. Diese Rassen sind sehr vital und paarungslustig, fur den Fangtaubensport damit bestens geeignet. Es gibt Zuchter, die nur einige Mannchen besitzen, mit denen sie diesen Sport betreiben.
Innerhalb dieser Kropftaubenfamilie mub man drei Hauptgruppen unterscheiden: Die Hangekropfrassen, die Rassen mit normalem Blaswerk und solche, die wegen ihres kaum vorhandenen Blaswerkes aus unserer Sicht als Halbkropfer anzusehen sind. Die Vorfahren der Hangekropfrassen sollen durch die Mauren etwa zwischen dem 8. und 13. Jahrhundert nach Spanien gebracht worden sein. Sie gelten als die altesten Kropftauben auf der Iberischen Halbinsel. Diese unterteilen sich wiederum in "Golugueros" mit langem Hangekropf und normaler KopfU und Schnabelform. "Gorgueros" mit mittellangem Hangekropf und mehr oder weniger stark ausgepragter NasenU und Unterschnabelwarze sowie stark entwickelten Augenrandern und schlieUlich eine dritte Sektion mit nur einer Rasse, dem "Rafeno" mit mittellangem Hangekropf und kurzem movchenhaften Schnabel.
Sie alle prasentieren sich in einer sogenannten "Dreieckskorperform", wenn sie sich in Standardpose befinden, d.h. die untere Korperlinie bildet bis zum Schwanzende eine Gerade, die Linie vom Kopf bis zum untersten Punkt des Hangekropfes verlauft fast senkrecht, und die dritte Linie verlauft als Schrage vom Kopf uber den Rucken zum Schwanzende. Die der zweiten Hauptgruppe angehorenden Rassen mit normalen, uns gelaufigen Blaswerken sind die "Marcheneros" und "Gaditanos".
Die Existenz der Marcheneros soll sich bis ins 15. Jahrhundert zuruckverfolgen lassen. Die Gaditanokropfer sind hingegen relativ jungen Ursprungs. Zur dritten Hauptgruppe gehoren jene Kropfer bzw. Halbkropfer, die vor verhaltnismabig kurzer Zeit entstanden sind, obwohl ein Teil ihrer Ahnen zu den alten Kropftaubenrassen gehort. Wegen ihres hohen Erbmassenanteils von verschiedenen alten und jungeren BotenU und Brieftaubenrassen zeigen sie nur noch wahrend des Treibens etwas verstarktes Blaswerk.
Alle spanischen Kropftaubenrassen wurden in fruheren Jahrhunderten fur die Liebhaberei des Taubenfangens oder Uanlockens verwendet, wozu nur ledige Tauber eingesetzt wurden. Diese hatten das ganze Jahr uber Freiflug und streiften unermudlich uber die Dacher auf der Suche nach Taubinnen. Lockte ein solcher Tauber eine fremde Taubin in seinen Schlag, so wurde ihm diese sofort weggenommen, und er ging erneut auf die Suche. Diese Tauber wurden nur nach ihren Erfolgen und nicht nach ihren Rassemerkmalen beurteilt. Dies hatte zur Folge, dab die alten Rassen durch unkontrollierte Kreuzungen immer wieder in ihrem Bestand gefahrdet waren. Heute haben sich ihrer renommierte Zuchter angenommen, so dab die Zukunft der meisten Varietaten gesichert scheint.
Seit etwa 50 bis 60 Jahren wird mit den Tauben der dritten Hauptgruppe der vereinsmabig organisierte Diebestaubensport betrieben. Dazu werden eine Taubin, der man zur Kennzeichnung eine weibe Gansefeder im Schwanz befestigt hat, und eine grobere Anzahl Tauber aufgelassen. Es entsteht sofort ein erbittertes Balzen um diese Taubin. Der Tauber, der sie in seinen Schlag treibt, ist der Champion. Dies geschieht nach einem sehr strengen offiziellen Reglement und wird durch den Verband der Sporttaubenzuchter uberwacht.

MURCIANOKROPFER, blauschimmel (Foto Brage)

Die MURCIANOKROPFER (Abb. 149) erhielten ihren Namen nach der Stadt Murcia, in der bzw. in deren Umfeld sie seit Jahrhunderten gezuchtet werden und schon 1733 erstmalig beschrieben wurden. In den letzten Jahrzehnten ist es etwas ruhig um diese Rasse geworden. Es handelt sich um mittelgrobe Kropfer mit der schon beschriebenen Dreiecksform und ohne Kropffalte. KopfU und Schnabelform sind normal mit schwach entwickelten Nasenwarzen und drei sehr kleinen Unterschnabelwarzen. Das Besondere an dieser Rasse ist ihr Flugverhalten: Wahrend Tauben ublicherweise beim Flug ihren Hals nach vorn strecken, tragt dieser Kropfer den Hals im Flug aufrecht und sUformig nach hinten geneigt. Der Schwanz wird beim Flug etwa um 45 Grad und leicht gefachert angehoben. Begegnet ein hochrassiger Murcianotauber wahrend des Fluges einer Taubin, so bleibt er in der Luft an einer Stelle stehen, ruttelt mit den Flugeln und zittert mit dem Hals. Wahrend des Streitens von Taubern strauben sich deren Halsfedern wie bei Kampfhahnen. Alle moglichen Farben und Zeichnungen sind erlaubt. Der Kropf erscheint birnenformig und hangt herunter.

Die ARUNCIANOKROPFER sind identisch mit den Vorgenannten, und auch die CARTAGENEROKROPFER aus der Stadt Cartagena sind ihnen fast gleich, haben aber einen nicht so voluminosen Kropf.

COLILLANOKROPFER, blau m 11 Binden (Foto Wolters)

GORGUEROKROPFER, gescheckt (Foto Brage)

Die COLILLANOKROPFER (Buchon Colillano: Abb. 150) entstanden vor etwa 90 bis 100 Jahren in und um Sevilla in Andalusien und wurden erstmalig 1924 von Dr. Altamira Raventos in dem Buch "La Joya Colombofilia" beschrieben. Der Name "Colillano" bedeutet "Kropfer mit flachem Schwanz". Diese Tiere sind etwas grober als Murcianokropfer, aus denen sie durch Kreuzungen mit MarcheneroU und GorgueroUKropfem hervorgegangen sind. Colillanokropfer fliegen aber nicht wie Murcianokropfer mit angehobenem und uUformig ausgebreitetem, sondern mit gefaUchertem, aber flach getragenem Schwanz. Im Flug tragen diese Tauben den Kopf bei ruhiger Haltung aufrecht. Der Korper zeigt ebenfalls Dreiecksform mit langem Hangekropf ohne Kropffalte. Colillanos sind gut mittelgrob und sehr breit. Die Korperbreite entspricht der Halfte der Korperlange. Das Gewicht betragt etwa 450 g. Der Tauber soll nicht mit dem Kopf nach unten nicken, wenn er gurrt. Der Kopf ist lang mit hoher Stirn, die Augen leuchtend rot, nur bei weiben dunkel. Ihr Rand ist von feiner Struktur und gelblichgrau gefarbt, der Schnabel mittellang. Die Nasenwarzen sind klein und vUformig. Der lange Hals wird leicht sUformig in Form eines Schwanenhalses getragen. Der nicht zu volle Kropf hangt sackartig nach unten. Der Rucken ist flach mit sehr langem Gefieder. Die Flugel erreichen das Schwanzende und liegen uber dem Schwanz, ohne zu kreuzen. Die Laufe sind mittellang und glatt, alle Farben und Zeichnungen anerkannt. Die Farben sollen dabei rein und satt sowie Flugelbinden, wenn vorhanden, schmal und durchgehend sein. Am haufigsten kommen Schwarze, Blaue mit Binden, Blaugehammerte und weibe vor.

Die COLGUEROKROPFER waren nach Brage den Rafenokropfern ahnlich, doch wird der Name auch fur andere, auch rasselose Kropftauben verwendet, die einen langen Hangekropf haben. So sind "Buchon Colguera de Murcia" der Murcianokropfer und "Buchon Colguero de Andaluz" der Colillanokropfer.

Der GORGUEROKROPFER (Abb. 151) stellt den zweiten Rassetyp dar, der von den Mauren aus Nordafrika nach Spanien gebracht wurde. Er galt lange Zeit als die urigste und intelligenteste Taube schlechthin, zumindest in seiner weiteren Heimatregion. Seine Erbmasse fliebt in fast allen spanischen Kropferrassen sowie in vielen rasselosen Landkropfern, die man gemeinhin als "Buchon Espanol" bezeichnet. Die Korperform entspricht dem schon erwahnten Dreieckstyp. Hauptmerkmale sollen extrem entwickelte Nasenwarzen, drei etwa erbsengrobe Unterschnabelwarzen, stark entwickelte, mehrfache Augenrander sowie Perlaugen sein. Diese besonders urige Erscheinung wird durch eine fast federlose, rot leuchtende Wamme untermauert. Der Hangekropf sollte mittellang bis lang sein. An Farbschlagen gibt es vorwiegend Blaue und Rauchblaue. Die Rasse ist der Inbegriff von Kraft, Triebhaftigkeit und Intelligenz.

Die JIENNENSEKROPFER (Valenciano antiguo) werden in Spanien auch "Valenciakropfer" genannt, was zu Verwechslungen fuhren kann, da unter dieser Bezeichnung auch eine andere Rasse argentinischUhollandischer Zuchtrichtung vorhanden und bekannt ist. Wir sollten den offiziellen spanischen Namen "JiennenseUkropfer" verwenden. Diese Rasse gilt als direkter Nachfahre der Gorguerokropfer. Die Zuchter der Stadt Valencia gaben ihr zunachst den Namen "Valenciakropfer", doch ist sie in Spanien auch unter "Valenciano antiguo" (Alter Valenciakropfer) bekannt. In Andalusien hieU sie noch lange "Gorguero". Ihr offizieller Name in Spanien ist heute "Buchon Jiennense". Diese Rasse ist durch unkontrollierte MischUund Kreuzungszucht uber Jahrhunderte mit dem Gorguero umgeformt worden. Dadurch verlor sie viele von dessen speziellen Merkmalen. So gingen extreme NasenU und Schnabelwarzenbildung wie auch die mehrfachen Augenrander zuruck, das Perlauge verlor sich und die charakteristische nackte Wamme wurde kleiner. Das Hauptzuchtgebiet liegt heute in der nordostandalusischen Provinz Jaen, wovon der heutige Name abgeleitet ist.
Es handelt sich um mittelgrobe Tauben mit kraftigem Kopf, breitem Hals und breiter Brust. Der Korper soll wiederum die bekannte Dreiecksform mit mittellangem Hangekropf und senkrechter Kropffalte zeigen. Die Augen sind rot, bei weiben Tieren dunkel, ihr Rand mitlelsturk und mil /,unehinenden Alter der Tiere eiwiis wulstig werdend. Der Sehnabel ist mittellang. Die Nasenwar/.cn /.eigen die Forni von zwei Dreiecken. Es sind keine oder nur sehr kleine LJnterschnahelwar/.cn vorhanden. Die Brust ist breit und gut gewolbt, der Rucken mittellang und gut geschlossen. Die Flugel liegen auf denn Schwanz, dessen Ende sie, ohne zu kreuzen, 1'asl erreichen Der mittellange Schwanz ist leicht schrag nach unten gerichtet. Die Faule sind mitlellang und unbefiedert. An Zeichnungen und Farbschlagen sind alle nur mogli chen anerkannt. Diese Tauben und ihre Kreuzungsprodukte gelten als ideale Diebeskropfer fur die alte Variante des Sportes. Zudem wurden sie zu einer Ausgangsform fur die Entwicklung moderner Diebestaubenrassen.

SEVILLAKROPFER. blau mit Binden (Foto Wolters)

VALENCIAKROPFER. (Foto Wolters)

Der VALENCIAKROPFER (Abb. 152) ist eine argentinischUniederlandische Zuchi richtung der spanischen Kropfer. Spanische Auswanderer nahmen ihre heimischen Rassen mit nach Argentinien. Aus deren Erbgut entwickelte sich dort eine nein.' Rasse. Ihre Zuchter nannten sie aus Verbundenheit zur alten Heimat "Valenciana'. Hollandische Zuchter, die ihren Diebestaubensport mit angestammten Rassen betrieben, horten von der vergleichsweise viel starkeren Vitalitat der argentinischen Tiere und importierten die ersten Exemplare dieser Rasse um die Mitte der dreiUiger Jahre. Diese Tiere losten zum einen die alten Diebeskropfer ab, zum anderen wurden sie a^ RasseU und Ausstellungstaube weiterentwickelt und 1939 erstmalig in Den Haa^ ausgestellt.
Inzwischen haben speziell die niederlandischen Zuchter aus diesen Tauben wahre Schaukropfer gemacht, die sich von ihren spanischen Verwandten besonders in den Kopfpunkten unterscheiden und zwar die typische Dreieckskorperform, jedoch mil wesentlich kurzerer Hinterpartie verkorpern. Der Standard verlangt einen langen Hangekropf mit senkrechter Kropffalte und einen langen Hals, so dab der Kropl hoher getragen wird als bei den vorher beschriebenen Rassen. Der Kopf isi movchenhaft rund, wobei der fast kurze Schnabel und die Stirn mit den normal entwickelten Nasenwarzen im Zirkel der runden Kopflinie folgen sollen. Am Unterschnabel ist eine ausgepragte Wamme sichtbar. Der Hangekropf wird von vorn gesehen sehr breit getragen, so dab das Tier breitbruslig erscheint. An Farbschlagen nennt der Standard Einfarbige, Bindige, Verdunntfarbige, Schimmel und KennUtarbige.

Die SEVILLAKROPFER (Buchen Sevillano oder Laudino Sevillano; Abb. 153) erhielten ihren Namen nach der andalusischen Metropole. Um 1940 wollten dortige Zuchter eine eigene Kropftaubenrasse schaffen und verwendeten dazu Valenciakropfer damaliger spanischer Zuchtrichtung und Rafenokropfer. Durch Kreuzungen und Selektionen veranderte man die Tauben dahin, dab hauptsachlich die Nasenwarzen vergrobert wurden. Der heutige Sevillakropfer ist deshalb mit carrierartig extrementwickelten Nasenwarzen ausgestattet. Seine Korperform ist wiederum dreieckig, mit mittellangem Hangekropf, senkrechter Kropffalte und einer kleinen Wamme.
Sevillakropfer sind mittelgrob bei einem Korpergewicht von etwa 440 g. Der Korper soll so breit wie die Halfte seiner Lange sein. Die Rasse zeigt sich etwas nervos und hat ein weiches Gefieder. Der Kopf ist mandelformig vom Nacken bis zur Spitze des Schnabels. Die Augen sind intensiv rot, bei weiben dunkel. Der feine Augenrand ist gelblich gefarbt, der Schnabel dick und mittellang. Am Unterschnabel befinden sich drei Warzen, die sich nicht beruhren sollen. Die seitlichen Warzen sind so grob wie Weizenkorner, die mittlere wie ein Maiskorn. Die groben Nasenwarzen sollen einen groben Teil der Stirn erreichen. Der Hals ist mittelgrob und dick, der Rucken breit in den Schultern, nach hinten schmaler werdend und eine Linie mit dem Schwanz bildend. Der Schwanz ist kurz und schmal. Die Flugel liegen auf dem Schwanz und erreichen fast dessen Ende. Die Beine sind kraftig und mittellang. Alle Farbschlage sind anerkannt. Am verbreitetsten sind Blau mit Binden, Rauchfarbig und Schwarz.

Die GRANADAKROPFER (Buchon Granadino: Abb. 154) entstanden im sudspanischen Granada zu Anfang des 20. Jahrhunderts aus alten spanischen Warzentauben und Diebeskropfern. Durch Kreuzungen und Selektion der Kopfpunkte ist eine Rasse mit schwacheren Nasenwarzen als diejenigen des Sevillakropfers entstanU

GRANADAKROPFER (Foto Wolters)

den. Dafur zeigen Granadakropfer drei etwa erbsengrobe Unterschnabelwarzen, wie sie einst die alten Gorguerokropfer besaUen. AuUerdem sind sie etwas grober als die vorgenannten Rassen. Der grobe Kopf zeigt von hinten gesehen eine fast quadratische Form. Die Augen sind rot bis orangefarbig, bei weiben dunkel. Ihr Rand isi breit, wulstig, etwas grob und rotlich gefarbt. Der Schnabel ist kurz und breit. Die ziemlich groben Nasenwarzen zeigen die Form eines Dreiecks. Der Flals ist mittellang, die Brust breit und gut gewolbt, der Rucken breit. Die Flugel ruhen auf dem Schwanz, dessen Ende sie fast erreichen. Die Laufe sind reichlich mittellang und unbefiedert. Alle moglichen Farben und Zeichnungen sind anerkannt. ValenciaU. Sevillab und Granadakropfer fliegen mit hangendem Kropf, in Balzstimmung auUerdem mit gefachertem Schwanz und mit vUformig nach oben gestellten Flugeln segelnd.

Die RAFENOKROPFER (Buchon Rafeno: Abb. 155) werden wegen ihres movchenhaften Aussehens auch "Movchenkropfer" genannt. Nordafrika und besonders die Region Rif (Rifgebirge) im heutigen Marokko wird als Ursprungsland dieser kurzschnabligen Hangekropfer angesehen. Die Mauren brachten den Rafeno als dritte Kropferrasse mit nach Spanien. Besonders in Sevilla und dessen Umland wurde er gezuchtet. Der Name wird vom maurischen Wort "Rafe" = Erker oder Dachvorsprung abgeleitet, da diese Tauben mit Vorliebe im engen Hausermeer der andalusischen Altstadte klatschend von Dachvorsprung zu Dachvorsprung fliegen. Sie sind auUergewohnlich schlagtreu, entfernen sich kaum vom Heimatschlag Der Rafeno verfugt uber die typische Dreieckskorperform. Hauptmerkmale sind Kurzschnabligkeit und runde Kopfform. Darin ahnelt er, oberflachlich besehen, dem

RAFENOKROPFER. schwarz (Foto Wolters)

puppigen Ugyptischen Movchen. Der Hangekropf ist mittellang mit einer senkrechten Kropffalte. Die relativ kleinen Tauben sind nur etwa 26 cm lang. Der Kopf ist breit und rund, die Augen rot, bei weiben dunkel. Der Augenrand ist grob, aber nicht warzig, und dunkel gefarbt. Er soll auf der Verlangerung des Schnabelschnittes liegen. Der Schnabel ist kurz, stumpf und breit. Am Unterschnabel befinden sich drei Warzen, die so grob wie Gerstenkorner sein sollen, die mittlere etwas grober. Die Nasenwarzen sind breit. Der Kropf soll hangend und der Hals kurz und voll getragen werden. Die Brust ist breit, rund und gut gewolbt, der Rucken breit. Die Flugel liegen auf dem Schwanz, ohne zu kreuzen. Der Schwanz ist kurz und gut geschlossen, die Laufe kurz und unbefiedert. Alle Farbschlage sind anerkannt, wobei Schwarze bisher in der besten Qualitat vorhanden sind.

Eine Lokalrasse sind die GRENADOKROPFER, die sich kaum vom Rafenokropfer unterscheiden.

Die CABALLEROKROPFER (Buchon Caballero Espanol = Galanter Spanischer Kropfer) waren die besten und beliebtesten Diebestaubenkropfer ihrer Zeit. Sie waren standig in Bewegung, sturmisch und verfuhrerisch gegenuber der Taubin. Nach Rafael Brage liegt ihre Entstehung schon Jahrhunderte zuruck. Alte spanische Kropfer und ebenfalls durch die Mauren mitgebrachte Botentauben waren ihre Vorfahren. Im Jahre 1770 wurden sie erstmalig von Buffon erwahnt. Sie wirken wie eine langgestreckte Brieftaube mit mittellangem Hangekropf. Der Schnabel geht ohne Stirnansatz in den Kopf uber. Fur diese Rasse gibt es zur Zeit noch keinen Standard.

Die QUINTERONKROPFER wurden erstmalig 1924 von Dr. Altamira Raventos beschrieben. In "La Joya Colombofilia" berichtet er von einem neuen DiebesUkropferideal und bezieht dies auf Buchen Quinteron. Um die Jahrhundertwende wollten man den Diebeskropfern, die sich nicht sehr weit vom Schlag entfernten. mehr Flugtuchtigkeit anzuchten, ohne ihre bewahrte Veranlagung zu verlieren. Man verwandte alte Valenciakropfer und kreuzte sie mit ValenciaUBotentauben. Die daraus anfallenden Taubinnen wurden jeweils wieder mit Valenciakropfern gepaart. bis sich offenbar eine Erbmassenverteilung von funf Anteilen Valenciakropfer und einem Anteil ValenciaU Botentaube ergab. Die funfteilige Mehrheit der Erbmasse des Valenciakropfers fuhrte zum Namen "Quinteron". Diese Tauben waren demnach auUerlich Diebeskropfer mit verbesserten Flugqualitaten.

Die MARCHENEROKROPFER (Buchen Marchenero: Abb. 156) zahlen zu den Rassen mit vollem runden Blaswerk. Auch in ihrer Herkunft unterscheiden sie sich von den durch die Mauren ins Land gebrachten Hangekropfrassen. Der Marchenero wird erstmals im 15. Jahrhundert in Spanien nachgewiesen - eine Zeit, als die Mauren das Land schon wieder verlassen hatten und Spanien als Seemacht von seiner Hafenstadt Sevilla aus die Weltmeere befuhr. Es ist wahrscheinlich, dab es spanische Seefahrer waren, die die Ahnen der Marchenerokropfer aus fernen Landern nach Sevilla brachten. Ihren Namen verdanken diese Tauben der kleinen Stadt Marchena ostlich von Sevilla. Marchenerokropfer haben ein extrem lockeres Gefieder und wirken daher grober, als sie wirklich sind. Ihre Haltung in Standardpose ist waagerecht mit vollblasendem Kropf und nach unten gedrucktem, gefacherten Schwanz. Wahrend des Treibens fegen sie standig mit ihrem Schwanz den Boden. wobei sich zudem die Unterruckenfedern straubend aufrichten. Auf Ausstellungen werden ihnen wegen des nach unten gerichteten Schwanzes kleine Sockel in die Kafige gestellt, auf denen sie sich besser prasentieren konnen. Auch wahrend ihres eigenartigen Flugstils mit vollem Blaswerk halten sie standig ihren Schwanz dachformig unter dem Bauch gefachert. Es sind eher kleine Tauben mit gedrungenem Korper und leicht aufgerichteter Haltung. Der Kopf ist langlichrund und ziemlich klein. Die Augen sind orangerot, bei weiben und Hellschecken dunkel. Ihr Rand ist zart und je nach Farbschlag fleischfarbig bis dunkel. Der farblich genauso zu differenzierende Schnabel ist mittellang wie auch der Hals. Der Kropf ist relativ grob und kugelformig ohne ausgepragte Taille, die Brust breit, das Brustbein aber sehr kurz. Der zwischen den Schultern breite Rucken ist zum Schwanz hin abnehmend und leicht gewolbt sowie locker befiedert. Die Flugel ruhen auf dem Schwanz und uberragen ihn etwas.
An Farbschlagen sind nach dem Standard Blau mit Binden, Dunkel, Dunkelgehammert, Blaugehammert, Blaufahl, BlaufahlUGehammert, Schwarz, Braun. Braunfahl, BraunfahlU Gehammert, weib, Rot, Gelb, Rotfahl, Gelbfahl, RotfahlUGehammert, GelbfahlU Gehammert, Gescheckt und Getigert in Blau, Schwarz, Rot und Gelb anerkannt. AuUerdem gibt es Vielfarbige. Ein heller Rucken ist bei blauen Farbschlagen kein Fehler. Bei entsprechender Haltung und Futterung ziehen die Tauben ihre Jungen selbst auf. Marchenerokropfer sind wie alle spanischen KropfUtauben auUerst temperamentvoll und zutraulich, dadurch ist eine Haltung mit anderen Taubenrassen insofern problematisch, als die Marchenerokropfer durch ihr Balzgehabe oft nur die Futterreste mitgekommen.

MARCHENEROKROPFER.blaugehamnicn (Foto Wolters)

JEREZANOKROPFER. blauschimmel (Foto Wolters)

Die JEREZANOKROPFER (Buchen Jerezano: Abb. 157) entstanden aus Kreuzungen von MarcheneroU mit Valenciakropfern in der Stadt Jerez de la Frontera in der Provinz Cadiz. Diese Tauben wurden vorwiegend zum Diebestaubensport verwendet. Es sind mittelgrobe Tauben mit einem Korpergewicht von etwas 330 g, die immer glattfuUig und Ukopfig sind sowie in der Form etwas langer als der MarcheneroUkropfer. Ihr Kropf ist rund, hangt etwas herunter und tendiert schon zum HangeUkropf. Diese Rasse kam um 1960 in die USA, wo sie unverandert weilergezuchtei wird. An Farbschlagen gibt es Einfarbige, Bindige, Gescheckte, Gesprenkelte. Getigerte und Schimmel. In Spanien wurde spater die neuere Zuchtrichtung des Jerezanokropfers z. T. durch Einkreuzungen von Norwichkropfern geschaffen. Diese Nachkommen sind spater im Gaditanokropfer aufgegangen. Diese Zuchtrichtung findet man heute noch in Argentinien.

Die KANARISCHEN KROPFER (Pap Gabos ut Mallorqui) sind verzwergte Valenciakropfer mit etwas langerem Gesicht.
Die GADITANOKROPFER (Buchen Gaditano: Abb. 158) sind vollU und rundblasende Kropfer. Um die Jahrhundertwende wurde im Suden Andalusiens, besonders in den Stadten Cadiz, San Fernande, Jerez de la Frontera und Sevilla, auf der Grundlage des Marchenerokropfers eine stark blasende Rasse mit aufrechter Haltung und flach getragenem Schwanz gezuchtet. Zur Verfeinerung des Rassetyps wurden schlieUlich Norwichkropfer und Franzosische Kropfer eingekreuzt. Jede Stadt der Ursprungsregion gab den Tauben zunachst ihren eigenen Namen. Erst im Jahre 1978 wurde ein Standard entwickelt, und man einigte sich auf die Bezeichnung , ,Gaditanokropfer' '.
Diese Kropfer sind sehr temperamentvoll, knapp mittelgrob und etwa 28 cm lang. Ihr schmaler Kopf zeigt eine flieUende Form ohne Stirnansatz. Die Augen sind rot. bei weiben auch dunkel. Der Augenrand ist fein und gelblichgrau, der Schnabel mittellang, die Nasenwarzen mittelgrob und dreieckig. Der Kropf ist grob, rund in der Form eines Luftballons, die Brust breit, der Rucken flach. Die auf dem Schwanz liegenden Flugel reichen bis zu dessen Ende. Der Schwanz ist kurz, gut geschlossen und schmal, die Laufe mittellang und unbefiedert.
An Farbschlagen nennt der Standard Blau mit Binden, Dunkel, Dunkelgehammert, Blaugehammert, Blaufahl, BlaufahlUGehammert, Schwarz, Braunfahl, BraunfahlU Gehammert, weib, Rot, Gelb, Rotfahl, RotfahlUGehammert. Gelbfahl, GelbfahlU Gehammert, Gescheckt und Getigert in Blau, Schwarz, Rot und Gelb. AuUerdem gibt es wiederum Vielfarbige.

Die FRANZISKANERKROPFER sind um 1700 in Spanien von dem Pater Liaudis erzuchtet worden. Es gab nur rauchfarbige Tiere mit gelbem Schnabel und gelben Krallen. Ansonsten entsprachen sie weitgehend dem Marchenerokropfer. Uber ihr derzeitiges Vorkommen ist nichts mehr bekannt.

Die ANTEQUERANOKROPFER mit ihrem hochangesetzten Kropf sind eine lokale Spielart des Marchenerokropfers, mit dessen sehr kurzem Schwanz und niedriger Stellung sowie einem auUergewohnlichem Kropf, der weit herunterhangt. Gezuchtet werden Einfarbige und Gescheckte.

Die VELENOKROPFER sind ebenfalls Verwandte der vorgenannten Rassen und unterscheiden sich kaum von diesen. Allein ihr Schnabel ist etwas starker und langer.

GADITANOKROPFER, gelbgeschecki (Foto Wollers)

Die MALUGUENOKROPFER aus Malaga sind abermals eine lokale Abwandlung des Marchenerokropfers. Sie verfugen uber einen extrem kurzen, hinter den Schwingen liegenden Schwanz, sind tiefgestellt und haben einen leicht hangenden Kropf, wodurch sie sich etwas von den vorgenannten Rassen unterscheiden.

Die CATTAGENEROKROPFER sind in Spanien wohl nicht mehr vorhanden, werden vielmehr vorwiegend in Sudamerika gezuchtet. Auch sie sind den Marchenerokropfern sehr ahnlich, aber noch kurzer in der Figur. Besonders Schwanz und Schwingen sind geradezu extrem kurz. Auch hangt der Kropf tiefer herunter. Diese Rasse wird in allen Farben und Zeichnungen gezuchtet.

Die HERMALINOKROPFER sind eine weitere Lokalvariante der Marchenerokropfer, von denen sie sich auch durch einen leicht herunterhangenden Kropf unterscheiden. Zudem sind auch bei ihnen Schwingen und Schwanz sehr kurz. Sie kommen Einfarbig und Gescheckt vor.

Die MORRILLEROKROPFER oder auch ALICANTEKROPFER (Morrillero oder Buchen Alicantino; Abb. 159) sind nach unseren Vorstellungen nicht mehr als Kropfer zu bezeichnen, da ihr Blaswerk nur noch wahrend des Treibens als solches sichtbar wird. Man sollte sie daher besser als Halbkropfer einstufen. Ihre Heimat ist die Region Levante mit den Stadten Valencia, Murcia und Alicante. Der Morillero. zu deutsch "Stiernacken", straubt die Federn seines Hinterhalses wahrend der Balz so stark, dab der Eindruck entsteht, er verfuge uber ein ausgepragtes Nackenblaswerk. Der Vorderkropf bleibt dabei aber lediglich ein dickerer Hals. Dieses Strauben der NackenU bzw. Hinterhalsfedern erinnert an die Nackenpartie eines Stieres.

MORRILLEROKROPFER. rauchblau (Foto Wolters)

Diese Tiere sind ausgezeichnete Flieger und sehr gute Diebestauben. Sie ahneln einer langgestreckten Brieftaube mit waagerechter Schwanzhaltung. Abweichend von allen anderen spanischen KropferU und Halbkropferrassen ruhen ihre Schwingen nicht auf dem Schwanz, sondern werden parallel verlaufend unter dem Schwanz mit einem Abstand von 2 cm getragen. Am Kopf mit normal entwickeltem Schnabel und Nasenwarzen befinden sich drei kleine Unterschnabelwarzen. Wahrend des Treibens richtet sich der Tauber auf und versucht, nur auf den Zehenspitzen zu tanzen. Diese Gangart ist rassetypisch. Wenn diese Tauben fliegen, bildet ihr Schwanz eine Dachziegelform. Alle Farbschlage sind anerkannt, am haufigsten jedoch Rauchblauc anzutreffen.

Die MORONCELOKROPFER sind eine ganz junge Rasse aus Andalusien. In dem kleine Stadtchen Moron de la Frontera in der Provinz Sevilla gibt es seit langer Zeit eine blaue Stadttaube mit weiben Schwingen und weiber, unregelmabiger Kopfzeichnung. Die Einheimischen nannten sie "Paloma de Celo". Seit etwa 30 Jahren entstand nun aus diesen Tauben durch Einkreuzungen diverser Rassentauben der Morrillerokropfer, eine neue Rasse, die inzwischen aber "Moroncelo" genannt wird. Auch dieser Rasse ist kein auffallendes Blaswerk eigen. Sie ist im Typ brieftaubenahnlich und hat das Aufrechtstrecken vom Morrillerokropfer geerbt. Der typische Kopf weist ein stark gewolbtes Nasenbein auf, wodurch der Stirnansatz fehlt. Die Augen sind rot, bei weiben dunkel. Der Augenrand ist fein, dunn und rotlich gefarbt. der Schnabel mittellang und dick, der Oberschnabel etwas langer als der Unterschnabel. Die Nasenwarzen sind mittelgrob, weib gepudert und ohne Falten. Der Hals ist lang und am Nacken gebogen, die Brust breit und gut gewolbt, der Rucken mittelbreit. Die mittellangen Flugel erreichen das Ende des gut geschlossenen Schwanzes, auf dem sie ruhen. Die Laufe sind mittellang und unbefiedert. Das fest am Korper anliegende Gefieder ist nur am Hals etwas lockerer.
Alle moglichen Farbschlage sind anerkannt, auch Einfarbige. Am beliebtesten sind Tiere mit weiben Schwingen und weiben Federpartien im KopfU und Kropfbereich. Eine geherzte Zeichnung ist angedeutet. Moroncelokropfer sind sehr temperamentvolle Diebestauben. Seit einigen Jahren besteht ein Standard fur sie. In Andalusien sind sie haufig anzutreffen.

LAUDINOKROPFER, blau mit Binden (Foto Wolters)

Die LAUDINOKROPFER (Paloma Ladrano Raza Laudina oder Buchen Ladron Ladrona Laudina; Abb. 160) heiUen ubersetzt soviel wie Diebestauben. Da diese Tauben aus alten Diebeskropfern und ValenciaUBotentauben entstanden sind, zeigen sie beim Treiben unverkennbar den ruckgebildeten Hangekropf. Nach den spanischen Autoren Cavanilles (1799) und Clemente (1820) war es wiederum der spanische Monch Liaudis, der im 18. Jahrhundert in der Nahe von Valencia auch diese Rasse erzuchtete. Wegen ihrer in fast jeder Hinsicht brieftaubenahnlichen Erscheinung und des nur angedeuteten Kropfes sind diese Tauben sehr beweglich, flugfreudig und vital. Vom 18. Jahrhundert bis etwa 1950 waren sie die popularsten Diebestauben in Spanien. Auf die Farbe wurde kein Wert gelegt, und so waren hauptsachlich blaue, blaugehammerte, rauchfarbige und gescheckte Tiere sowie Schimmel vorhanden. Heute existieren nur noch Restbestande in Spanien.

Die MODERNEN SPANISCHEN DIEBESKROPFER (Paloma Deportivas = Sporttauben) werden heute zum Diebestaubensport verwendet. Den heutigen Anspruchen, bedingt durch neue Methoden im Diebestaubensport, waren die alten Rassen nicht mehr gewachsen. Zwangslaufig fuhrte dies zu neuen Tauben. Die Palomas Deportivas haben auUerlich mit Kropfern oder Halbkropfern nichts mehr gemeinsam, obwohl sie mit diesen noch entfernt verwandt sind. Sie sind vielmehr Produkt vieler Kreuzungen auf Basis des Laudinokropfers, in den zur Steigerung der Flugleistungen wiederholt belgische Brieftauben, wilde Felsentauben und Flugtippler eingekreuzt wurden. Daraus wurden dem Wildtyp der Felsentaube ahnliche Tauben mit Kraft, extremer Triebhaftigkeit und Dauerflugvermogen. Im Unterschied zu den fruheren Diebestaubenrassen, bei denen die Tauber die Taubinnen verfuhrten und lockten, treiben die Tauber der Palomas Deportivas ihre Taubinnen mit Gewalt vor sich her und attackieren sie standig mit dem Schnabel. Im Volksmund werden sie deshalb auch "Picas" genannt. Sie kommen zwar auch in allen Farben vor, doch sind Blaue mit Binden und Blaugehammerte in der Uberzahl. Der Diebestaubensport ist auch in den Niederlanden verbreitet. In Den Haag existiert sogar ein Spezialverein. Dort heiUt dieser Fangtaubensport "Tiltaubensport", abgeleitet von "Til" fur den Schlag der Diebestauben. In Holland verwendet man fur diesen Sport Valenciakropfer, aber auch Norwichkropfer und Kreuzungen beider Rassen. Verbreitet ist dieses Hobby desweiteren in Portugal und Sudamerika.